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Mutige Friedensinitiativen in der Zentralafrikanischen Republik
Religiöse Führungspersönlichkeiten setzen sich an vorderster Front für Versöhnung ein
In der Zentralafrikanischen Republik kommt es weiterhin zu Zusammenstößen, doch bekannte religiöse Führerinnen und Führer des Landes setzen sich an vordersteer Front für Frieden ein.
Pfarrer Nicolas Guerekoyame-Gbangou, Kardinal Dieudonné Nzapalainga und Imam Abdoulaye Ouasselogue verfolgen mehrere Missionen als Teil ihres unermüdlichen Kampfes für Versöhnung und vermitteln zwischen den gegnerischen Seiten in diesem verheerenden und langwierigen Konflikt.
„Wir tragen keine Waffen, aber wir sind im Besitz der Waffe des Glaubens“, sagt Kardinal Nzapalainga, der Erzbischof von Bangui. „Unsere Brüder und Schwestern stehen vor einer Katastrophe. Wir können nicht einfach zusehen, wie sich der Konflikt in den sozialen Medien entfaltet. Unsere Pflicht ist es, zuzuhören, Dialog zu führen und einen Ausweg zu finden.“
Ihr Einsatz folgt auf einen Angriff bewaffneter Gruppen im Dezember, bei dem mehr als 200.000 Menschen aus ihren Häusern vertrieben wurden und der die humanitäre Krise in dem Land verschärft hat. Die Unruhen brachen kurz vor den Präsidentschaftswahlen aus und entfachten Kämpfe zwischen einer Rebellenallianz auf der einen und regierungsfreundlichen Kräften der Zentralafrikanischen Republik auf der anderen Seite.
Hilfsorganisationen warnen vor einer Zunahme von Angriffen auf die Zivilbevölkerung, sexueller Gewalt und der Rekrutierung von Kindersoldaten. Durch die Unruhen sind viele Menschen dringend auf Nahrungsmittel, medizinische Versorgung, Unterkünfte und sanitäre Einrichtungen angewiesen.
Inmitten dieses Aufruhrs wirbt eine interreligiöse Vereinigung namens Plateforme des Confessions Religieuses de Centrafrique (PCRC) für eine friedliche Lösung und stützt sich dabei auf die Autorität ihrer Oberhäupter – den Kardinal, den Imam und den Pfarrer. Mit Unterstützung des Internationalen Dialogzentrums (KAICIID) hat die Gruppe durch Auftritte in den Medien, Interviews mit der Presse oder durch direkte Gespräche mit der Regierung und den bewaffneten Gruppen zur Ruhe aufgerufen.
„Wir laden alle ein, Dialog und Beratung der Gewalt und dem Hass, der sich in den sozialen Medien verbreitet, vorzuziehen“, ruft Imam Ouasselogue auf.
Der vertriebenen Zivilbevölkerung Hoffnung geben
Neben der wichtigen Fürsprache-Arbeit, die die drei religiösen Führer leisten, haben sie nun die relative Sicherheit der Hauptstadt Bangui verlassen und sich in das turbulente Zentrum der Rebellion begeben. Ihr Ziel ist es, der vertriebenen Zivilbevölkerung Hoffnung zu geben, sich aus erster Hand ein Bild von der Sicherheitslage vor Ort zu machen und Vertreter der Rebellengruppen zu treffen, um sich für eine friedliche Lösung einzusetzen.
„Religiöse Führungspersönlichkeiten finden in ihren Gemeinden großes Gehör“, sagt Feralin Mindende-Mobaka, KAICIIDs Landesprogrammbeauftragter in der Zentralafrikanischen Republik. „Sie können die Parteien an einen Tisch bringen, um die Probleme zu besprechen, die sie entzweien.“
Anfang des Monats reisten der Kardinal, der Imam und der Pfarrer in Begleitung von Boris Yakoubou, KAICIIDs Länderexperte in der Zentralafrikanischen Republik, zunächst nach Bouar. Diese strategisch wichtige Stadt im Westen des Landes liegt an einer der Hauptverkehrsverbindungen nach Bangui, die von Rebellen blockiert wurde. Dadurch wurden alle Hilfs- und Lebensmittelimporte aus Kamerun gestoppt und die Preise schossen für die verarmte Bevölkerung in die Höhe.
Am 8. Februar traf das Trio mit Glaubensführern, Vorsitzenden von NGOs, Mitgliedern der Zivilgesellschaft, Journalisten und Delegierten aus Lagern für Vertriebene zusammen, die ihnen ihre Bedürfnisse und Herausforderungen erläuterten. Anschließend nahmen sie an einer Veranstaltung für sozialen Zusammenhalt in einem Stadtteil teil, in dem die Rebellen leben.
„Es war eine große Veranstaltung, die viel Hoffnung geweckt und Leben in die Nachbarschaft gebracht hat“, so Yakoubou. „Sie nutzten die Gelegenheit, um Botschaften der Solidarität, des Trostes und der Hoffnung auszusenden.“
An diesem Abend wurde ein Treffen in der Kathedrale von Bouar arrangiert, bei dem die lokalen Behörden die Bedrohung durch bewaffnete Gruppen erläuterten. Am nächsten Tag besuchten die Männer fünf Orte, an denen Binnenvertriebene untergebracht sind.
„Diese Menschen sind Hunger und kalten, unhygienischen Bedingungen ausgesetzt“, erzählt Pfarrer Guérékoyame-Gbangou. „An einem Ort trafen wir sechs Frauen, die ihre Babys erst vor weniger als einem Monat zur Welt gebracht hatten.“
Während der Kardinal, der Imam und der Pfarrer geplant hatten, sich mit Rebellen zu treffen, führten militärische Entwicklungen dazu, dass sich die bewaffneten Gruppen kurz vor ihrer Ankunft aus der Stadt zurückzogen.
„Da wir sie nicht treffen konnten, haben wir dreimal miteinander telefoniert“, berichtet Kardinal Nzapalainga. „Es ist ein Weg, um in Kontakt zu bleiben und um ihnen zu sagen, dass wir sie nicht vergessen haben, dass sie unsere Kinder sind. Wir müssen den Kontakt zu den Rebellen weiterhin aufrechterhalten. Diejenigen, die zu Waffen greifen, haben Beschwerden, sind wütend und bringen eine Vorgeschichte mit.“
Plädoyer für den Verzicht auf Gewalt
Kurze Zeit später machte sich die religiöse Arbeitsgruppe auf den Weg nach Osten zu ähnlichen Vermittlungsbemühungen in Bangassou, einer Stadt an der Grenze zur Demokratischen Republik Kongo. Ein Rebellenangriff hatte viele Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt über den Fluss Mbomou zur Flucht gezwungen.
Wiederum in Begleitung von Yakoubou von KAICIID besuchte das Trio Vertriebene und traf den regionalen Gouverneur, den Bürgermeister der Stadt und UN-Friedensbeamte. Es wurden viele Sorgen angesprochen, von der Sicherheit der Bevölkerung über die Zerstörung von Gebäuden bis hin zur Unterbrechung des Schulbetriebs und der unzureichenden Versorgung mit Ressourcen.
„Unsere Mission besteht darin, die Tausenden von Vertriebenen zu treffen, sie zu trösten und sie mit Gebeten und Predigten zu unterstützen“, erklärt Imam Ouasselogue, der als Ersatz für den verstorbenen Imam Omar Kobine Layama ernannt wurde. „Wir treffen mit den religiösen Autoritäten zusammen, hören ihnen zu und stärken sie in ihren Bemühungen, moralische, materielle und spirituelle Unterstützung zu leisten. Wir treffen die Führer der bewaffneten Gruppen vor Ort und plädieren für den Verzicht auf Gewalt.“
Neben dem Treffen mit den Behörden und den vertriebenen Zivilistinnen und Zivilisten gab es auch eine Zusammenkunft der drei Glaubensführer mit den Rebellen.
„Wir haben ausführlich mit den Rebellen gesprochen, um die Stimmung von Misstrauen, Angst und Gewalt zu entschärfen“, berichtet Kardinal Nzapalainga. „Wir haben ihnen gesagt, dass sie eine Verantwortung gegenüber der Bevölkerung haben, die Gewalt zu reduzieren und dem Frieden eine Chance zu geben.“
Dialog und die Möglichkeit zur Vergebung sind der Schlüssel zum Frieden. „Wir sollten die Rebellen nicht zurückweisen, sondern ihnen unser Herz als liebende Väter öffnen“, so der Kardinal weiter. „Trotz ihrer Taten, die ich verurteile, bleiben sie meine Söhne und sind fähig, sich zu ändern.“
Religiöse Führer werden als neutrale Vermittler gesehen
Zwei weitere Missionen sind in den unruhigen Städten Bambari und Bria geplant, die jedoch aufgrund der anhaltenden Kämpfe verschoben wurden.
Die Religion ist eine mächtige Kraft in der Zentralafrikanischen Republik, die den religiösen Führern große Autorität verleiht und sie von anderen Vermittlern unterscheidet. Laut Yakoubou bekennen sich mehr als 95 Prozent der Bevölkerung zu einem Glauben.
„Angesichts der politischen Differenzen zwischen der Regierung und den Rebellengruppen sind religiöse Führer die einzigen, die in der Lage sind, mit den kriegerischen Parteien zu sprechen und für die Sicherheit der Bevölkerung einzutreten“, so Yakoubou. „Sie bewahren immer ihre Neutralität und Unabhängigkeit. Sie ergreifen keine Partei. Sie werden als die Gesandten, die Sprecher Gottes wahrgenommen - das unterscheidet sie von anderen Vermittlern.“
Der Ausbruch des Bürgerkriegs in der Zentralafrikanischen Republik im Jahr 2013 wurde zunächst als rein konfessioneller Krieg zwischen der christlichen und muslimischen Bevölkerung angesehen. Doch dann begannen verbündete Fraktionen, sich gegeneinander zu wenden. Das löste den falschen Eindruck aus, es handle sich um einen „Religionskrieg“. In den letzten Wochen sind die Gotteshäuser zu einem wichtigen Zufluchtsort geworden, sowohl für christliche als auch für muslimische Zivilisten, die einander Schutz gewähren.
In Bangassou zum Beispiel suchten schätzungsweise 500 Musliminnen und Muslime zusammen mit Christinnen und Christen Zuflucht in katholischen Kirchen. In Grimari, weiter westlich, haben sich Berichten zufolge etwa 1.500 Menschen in Kirchen in Sicherheit gebracht.
„Sie könnten in Rathäusern Schutz suchen, aber sie gehen stattdessen in Kirchen, weil Gott für sie ein Schutzwall und ein Fels bleibt, wenn alles verloren ist“, meint Kardinal Nzapalainga.
Trotz der jüngsten Siege der Regierung an der Front bleibt die Zukunft der Zentralafrikanischen Republik vorerst sehr ungewiss. Die mühsame, aber inspirierende Mission der religiösen Führer, ihr gespaltenes Land zu einen, geht weiter.
„Religion ist das einzige Rahmenwerk, das alle Menschen mit unterschiedlichen politischen, intellektuellen und sozialen Ansichten zusammenbringt“, so Pfarrer Guérékoyame-Gbangou. „Wir setzen uns dafür ein, Frieden für alle zu schaffen.“