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Frauen, Jugendliche und gefährdete Menschen: Das Interreligiöse G20-Forum beleuchtet die Dynamik von Inklusion und Exklusion
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Interreligiösen G20-Forums kamen am 15. Oktober erneut zusammen, um über Ungleichheit und Integration zu diskutieren, mit besonderem Schwerpunkt auf Frauen, jungen Menschen und gefährdeten Gruppen.
In den letzten drei Tagen der Konferenz haben mehr als 2.000 Gäste aus Glaubensgemeinschaften, prominenten religiösen Institutionen und Regierungsstellen an den täglichen Plenarsitzungen und Podiumsdiskussionen teilgenommen.
Rev. Kjell Magne Bondevik, ehemaliger norwegischer Premierminister, Gründer und Geschäftsführer des Oslo Centers, der auch ordinierter lutherischer Pastor ist, betonte zu Beginn der Plenarsitzung die Bedeutung des Dialogs zwischen Glaubensgemeinschaften und Politik. Besonders wichtig ist dieser Dialog für koordinierte Konfliktprävention und die Reaktion auf COVID-19 in gefährdeten Gemeinschaften.
„Die weltweite Lage erfordert harte Arbeit von uns, um Spannungen zwischen religiösen Gruppen abzubauen. Das kann von oben nach unten und von der Basis nach oben geschehen. Gleichzeitig muss der Dialog auf Gegenseitigkeit, Vertrauen und Zusammenarbeit beruhen.“
Die Vortragenden aus religiösen, zivilgesellschaftlichen und staatlichen Institutionen riefen dringend zum Handeln in Fragen der Arbeitslosigkeit, der finanziellen Ausgrenzung, der häuslichen Gewalt und des Mangels an Selbstbestimmung auf. Frauen, Jugendliche und Minderheitengemeinschaften sind besonders von diesen Fragen betroffen.
Dr. Hala Al-Tuwaijri, Generalsekretärin des Rates für Familienangelegenheiten des Königreichs Saudi-Arabien und Leiterin des Women's Empowerment Team der G20 in Riad betonte, wie wichtig es sei, die finanzielle Inklusion von Frauen zu betrachten, damit diese „leben, arbeiten und gedeihen“ können.
„980 Millionen Frauen auf der ganzen Welt haben keinen Zugang zu grundlegenden Finanzdienstleistungen“, so Al-Tuwaijri. „Die Länder werden ihre wirtschaftlichen Entwicklungsziele ohne die grundsätzliche Beteiligung von Frauen in allen Bereichen nicht erreichen können.“
Pramila Patten, UN-Sonderbeauftragte für sexuelle Gewalt in Konflikten, wies auf weitere Statistiken hin, die den Mangel an Chancen für viele Frauen auf der ganzen Welt widerspiegeln. „32 Millionen Mädchen im Grundschulalter gehen nicht in die Schule, jedes fünfte Mädchen wird zu einer frühen Heirat gezwungen.“
Jedoch habe die Pandemie der internationalen Gemeinschaft die Gelegenheit geboten, die Stärkung der Handlungskompetenz von Frauen und Jugendlichen sowie den Schutz gefährdeter Gruppen in den Mittelpunkt von Wiederaufbauplänen zu stellen. „Diese Pläne müssen auf den grundlegenden Menschenrechten und Werten basieren. Wir müssen integrativ und gerecht agieren und dürfen in diesen schwierigen Zeiten niemanden zurücklassen.“
Laut Dr. Azza Karam, Generalsekretärin von Religions for Peace, können Religionen, wenn sie zusammenarbeiten, die Dynamik der Ermächtigung von Frauen stärken. „Das ist eine Lektion, die wir in jahrzehntelanger Arbeit gelernt haben.“
Dennoch sei es wichtig, Frauen nicht nur als "Opfer" zu sehen, sondern vielmehr als einen bedeutenden Teil der Bevölkerung, der über immense Stärke und Fähigkeiten verfügt. „Ich bin nämlich der Meinung, dass Frauen nicht immer die am meisten gefährdeten oder am meisten geschädigten Personen sind. Frauen stellen auch ein bemerkenswertes Machtpotential dar und gehören zu den wichtigsten Personen im bürgerlichen und zwischenstaatlichen Bereich.
Prof. Ursula Basset, Professorin an der Päpstlichen Katholischen Universität in Argentinien, fügte hinzu, dass Narrative der Geschlechter-Ermächtigung oft zu begrenzt sind. Sie seien zwar gut gemeint, lassen aber verschiedene Formen des Feminismus und der Wahlfreiheit nicht zu.
„Wir schulden den Frauen wirklich gleichberechtigt zu sein. Empowerment bedeutet, jede Frau zu ermächtigen, sie für das zu nehmen, was sie ist, und sie nicht ihrer religiösen Werte oder Überzeugungen zu berauben. Ihre Einzigartigkeit in jeder Form zu schätzen und die Rolle von Frauen, die nicht der Norm entsprechen, nicht herunterzuspielen“, so Prof. Basset.
Rabbi Schlomo Hofmeister, Oberrabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien, fügte hinzu, dass eine Neuverteilung der Macht erforderlich sei, um sicherzustellen, dass alle Mitglieder der Gesellschaft - Frauen, Jugendliche, Minderheiten und marginalisierte Gemeinschaften - ein Mitspracherecht erhalten. „Die Ermächtigung derjenigen, die aufgrund ungleicher Machtverteilung unter Benachteiligung leiden, kann nur erreicht werden, wenn diejenigen, die Macht haben und hohe Positionen beanspruchen, bereit und willens sind, diese aufzugeben.“
Ahmad Alhendawi, Generalsekretär der Weltpfadfinderorganisation, wies darauf hin, dass viele der Probleme, mit denen die Welt heute konfrontiert ist - zunehmende Ungleichheit, Verlust von Arbeitsplätzen, ungleicher Zugang zu Bildung und die Gefahr von Klimakatastrophen - auf die nächsten Generationen zurückfallen werden. Deshalb muss die Politik junge Stimmen und Ideen einbeziehen.
„Dies ist ein Problem der Jugend. Die Hälfte der Weltbevölkerung ist unter 25 Jahre alt. Wir haben gesehen, wie junge Menschen auf die Straße gehen, ihren Sorgen Ausdruck verleihen und eine globale Bewegung bilden. Dies ist eine Zeit des Handelns und eine Zeit, in der wir die SDGs als Priorität verstehen müssen“, so Alhendawi.
Bildung, die Frieden, religiöse Kenntnisse und kulturelle Vielfalt fördert
Nach dem Ende der Plenarsitzung schlugen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Diskussion über integrative Bildung eine Vielzahl von Reformen vor, die die menschliche Vielfalt widerspiegeln und würdigen sollen.
„Vielfalt im Bildungsbereich kann unsere pädagogische Arbeit bereichern und Lehrende ermutigen, sensibler auf das Wohlbefinden und die Lernbedürfnisse aller Schülerinnen und Schüler einzugehen“, meinte Dr. Scherto Gill, Research Fellow der Guerrand Hermès Stiftung für Frieden.
Die Anwesenden waren sich einig, dass die Auswahl von Lehrbüchern in Klassenzimmern entscheidend ist. Denn die Einstellungen und mögliche Voreingenommenheit der Buchautorinnen und -autoren sowie deren Vorgesetzten fließen dadurch in den Lehrplan ein. Um dem entgegenzuwirken, muss der Schwerpunkt daraufgelegt werden, die religiöse Bildung der Lehrenden zu verbessern und ihren Blick über ihre eigenen persönlichen Erfahrungen hinaus zu erweitern.
Laut Prof. Thomas Banchoff, Vizepräsident für Globales Engagement an der Georgetown Universität, wäre ein konkreter Weg, dass religiöse Führerinnen und Führer Unterrichtspläne auf einer Seite Papier und in mehreren Sprachen ausarbeiten und finanzieren. Sie können verschiedene akademische, spirituelle Texte analysieren und Lehrende einladen, diese Arbeitsblätter in ihren Klassenzimmern zu verwenden.
„Stellen Sie sich zum Beispiel vor, dass das ‚Dokument über die Brüderlichkeit aller Menschen‘ weltweit gleichzeitig gelehrt und diskutiert wird. Stellen Sie sich lebhafte Gespräche in Klassenzimmern und auf Zoom innerhalb und zwischen Ländern vor“, bat Banchoff.
Auf die Bedürfnisse von Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten eingehen
Die Gäste der Podiumsdiskussion über Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten wiesen auf die Bedeutung religiöser Persönlichkeiten bei der praktischen und spirituellen Unterstützung von Flüchtlingen sowie bei der Wahrung der Menschenrechte hin.
„Regierungen müssen realisieren, dass es eine gemeinsame globale Verantwortung ist, sich um die Bedürfnisse von Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten zu kümmern“, meinte Dr. Pritpal Kaur Ahluwalia, Bildungsdirektorin der Sikh Coalition und Co-Präsidentin von Religions for Peace. Sie verwies auf ihren eigenen Glauben, der sich für die Fürsorge für andere und für die Wahrung der Menschenwürde einsetzt.
„Es gibt viele Lehren im Sikhismus, die diese Verantwortung gegenüber der Menschheit unterstreichen und die Bedeutung der Gerechtigkeit aufgrund der Gleichheit aller Menschen hervorheben“, fügte sie hinzu.
Darüber hinaus betonten die Anwesenden die Dringlichkeit eines globalen Aktionsplans auf der Grundlage einer integrativen Politik, der das Vertrauen in lokale Gemeinschaften stärken und gefährdeten Gruppen Schutz bieten würde.
Laut Esther Lehmann-Sow, Globale Direktorin für Glaube und Entwicklung bei World Vision International, muss diese internationale Initiative auch verschiedene Interessengruppen der Basis einbeziehen, zu denen Männer, Frauen und junge Menschen gehören.
„Als Frau und Friedensaktivistin will ich auf die deutlichen Beweise aufmerksam machen, die die Wirksamkeit formeller und informeller Friedensstifterinnen und Friedensstifter belegen. Dennoch sind wir im System der Friedenskonsolidierung immer noch weitgehend unterrepräsentiert. Ich bin sicher, wir erkennen alle, dass sich dies ändern muss“, so Lehmann-Sow.
Ungleichheit: Geschlecht, Rassismus und strukturelle Diskriminierung
Die Gäste der dritten Diskussionsrunde riefen Regierungen, kirchliche und zivilgesellschaftliche Organisationen zur Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Rassismus und Geschlechterdiskriminierung auf, von denen viele mit tief verwurzelten strukturellen Problemen und Menschenrechtsverletzungen einhergehen.
Adama Dieng, ehemaliger UN-Sonderberater für die Verhütung von Völkermord, wies auf alarmierende Statistiken hin, wie zum Beispiel die geschätzte Zahl von 243 Millionen Frauen und Mädchen im Alter von 15 bis 49 Jahren, die in den letzten 12 Monaten sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt waren. Darüber hinaus wird erwartet, dass 500 Millionen Menschen aufgrund der COVID-19-Pandemie von Armut betroffen sein werden.
„Ungleichheit und strukturelle Diskriminierung nehmen weiter zu, nicht nur in unserem Gesellschaftsgefüge. Es wird auch zunehmend die Universalität der Menschenrechtssysteme infrage gestellt, die die internationale Gemeinschaft in einem halben Jahrhundert mühsam aufgebaut hat“, so der UN-Sonderberater.
Religiöse Organisationen haben laut den Vortragenden eine entscheidende Rolle bei der Bekämpfung der Diskriminierung, da die meisten Religionen die Gleichheit der Menschen würdigen.
„Wenn Rassismus systemisch ist, ist es notwendig, die Art und Weise, wie Menschen gesehen werden, zu überdenken. Solange wir nicht anfangen, jeden Menschen als jemanden zu betrachten, der Ehre, Respekt und Würde verdient, werden wir weiterhin Menschen instrumentalisieren und einige als überlegen und andere als minderwertig einstufen“, warnte Dr. Ganoune Diop, Direktor für öffentliche Angelegenheiten und Religionsfreiheit der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Maryland.
Glaubensorientierte Organisationen haben die einzigartige Gelegenheit und die Pflicht, Muster von Diskriminierung und struktureller Ungerechtigkeit aufzubrechen, fügte Audrey Kitagawa, Vorsitzende des Parlaments der Weltreligionen, hinzu.
„Glaubensgemeinschaften müssen weiterhin daran arbeiten, uns von den heimtückischen Auswirkungen des hässlichen Vermächtnisses der Sklaverei, der Plage des Rassismus und der vielfältigen Formen der Diskriminierung in unseren Gemeinden zu befreien.“
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