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Wie religiöse Führer vor Ort die globale Friedensförderung gestalten: Überlegungen aus den Kofi Annan Faith Briefings 2025

Die Welt kämpft mit der Eskalation von Konflikten, zunehmender Ungleichheit und einem sich schnell schließenden Zeitfenster für die Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) bis 2030. In dieser Situation rückt eine mächtige, aber oft übersehene Kraft ins Rampenlicht: religiöse Persönlichkeiten und lokale Stimmen. Bei den Kofi Annan Faith Briefings 2025 zeigten Glaubensvertreterinnen und -vertreter aus aller Welt, wie ihre Friedensbemühungen an der Basis still, aber effektiv eine inklusivere und gerechtere Welt gestalten.
„Die Einbeziehung verschiedener Akteure stärkt nicht nur die Legitimität von Friedensprozessen, sondern verbessert auch deren Reichweite und Wirkung.“ Dies waren die aufschlussreichen Worte von Melissa Nozell, einer erfahrenen Expertin für Religion und Friedensförderung und Absolventin des Internationalen Fellows-Programms von KAICIID, die bei den Kofi Annan Faith Briefings 2025 sprach.
Die Kofi Annan Faith Briefings, die jährlich vom Multi-Faith Advisory Council (MFAC) der Interinstitutionellen UN-Taskforce für Religion und nachhaltige Entwicklung veranstaltet werden, haben sich zu einer wichtigen Veranstaltung für die internationale Gemeinschaft entwickelt, die den wichtigen Beitrag religiöser Akteurinnen und Akteure zur Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) hervorhebt. Melissa Nozell nahm als Vertreterin von KAICIID daran teil und konzentrierte sich dabei vor allem auf SDG 16: Förderung von Frieden, Gerechtigkeit und starken Institutionen.
Die Veranstaltung griff die Schwerpunkte der Neuen Agenda für den Frieden des UN-Generalsekretärs auf, die zu verstärkten weltweiten Anstrengungen aufruft, um die Ursachen von Konflikten zu bekämpfen, Inklusion zu fördern und Gewalt in all ihren Formen zu verhindern. In diesem Zusammenhang wurden religiöse Akteure nicht nur als Führungskräfte in ihren Gemeinschaften anerkannt, sondern auch als wichtige Partner für die Aufrechterhaltung des Friedens, die Förderung der Menschenrechte und die Wiederherstellung des Vertrauens zwischen Menschen und Institutionen.
Melissa Nozell - KIFP Alumna
Nozell stützte sich auf ihre über zehnjährige Erfahrung bei der Arbeit mit dem United States Institute of Peace (USIP) und hob insbesondere die bedeutende, aber oft übersehene Rolle hervor, die religiöse Kräfte bei der Konfliktprävention, Friedensförderung und humanitären Hilfe spielen. Sie merkte an: „Ohne die Einbeziehung religiöser Akteurinnen und Akteure kann kein nachhaltiger Frieden erreicht werden.“ Religiöse Führerinnen und Führer fungieren aufgrund ihrer besonderen Nähe zu den Gemeinschaften und des ihnen entgegengebrachten Vertrauens häufig als Frühwarnsystem. „Ihre Erkenntnisse können zu zeitnahen, lokal verankerten Interventionen führen, die formalen Systemen möglicherweise entgehen“, erklärte sie.
Ein überzeugendes Beispiel für diese Rolle ist Nozells Arbeit in Kolumbien, wo religiöse Akteure eng mit Fachleuten für psychische Gesundheit und psychosoziale Unterstützung zusammenarbeiteten. „In Kolumbien ermöglichte USIP eine religionssensible Schulung für medizinische Fachkräfte und schuf sektorübergreifende Kooperationen, um den Kreislauf der Gewalt wirksam zu durchbrechen“, berichtete sie und unterstrich damit die praktischen Vorteile von Partnerschaften zwischen Glaubensgemeinschaften und Experten für psychische Gesundheit in fragilen Kontexten.
Nozell unterstrich außerdem die wichtige Rolle, die Plattformen für den interreligiösen Dialog wie das African Union Interfaith Dialogue Forum von KAICIID und die Arab Region Interreligious Platform spielen. „Diese Plattformen sind eine wichtige Struktur für den Frieden, da sie die Stimmen der Basis mit größeren Institutionen und regionalen Mechanismen verbinden. In Ländern wie Nigeria und der Zentralafrikanischen Republik spielen die von KAICIID unterstützten interreligiösen Netzwerke eine zentrale Rolle bei der Vermittlung, der Stärkung der Widerstandsfähigkeit von Gemeinschaften und der Versöhnung.“
In ihrer Rede hob Melissa Nozell die Bedeutung des Dialogs zwischen den Generationen hervor und verwies dabei auf ihre Erfahrungen im Norden Ghanas, wo USIP mit Catholic Relief Services zusammenarbeitete. Diese Partnerschaft brachte christliche und muslimische Führungskräfte zusammen, die direkt mit Jugendlichen arbeiteten und gemeinsame Maßnahmen ergriffen, um den sozialen Zusammenhalt zu fördern und Konflikte zu entschärfen. „Maßnahmen zur Prävention, Eindämmung und Lösung gewaltsamer Konflikte sind wesentlich wirksamer, wenn sie lokal gesteuert werden und alle Beteiligten einbeziehen“, betonte sie.
Über ihre Teilnahme sagte sie: „Diese multilaterale Veranstaltung ermöglichte es mir als ehemalige KAICIID Fellow, die beeindruckende Arbeit vorzustellen, die religiöse Akteurinnen und Akteure bereits im Bereich der Friedensförderung leisten. Die Veranstaltung bot eine wertvolle Gelegenheit, die Beiträge der Basis hervorzuheben und ihre direkte Relevanz für die Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele aufzuzeigen.“
Melissa Nozell ging bei den „Briefings“ auch auf weiter gefasste SDG-Themen ein und würdigte die vielfältigen Bemühungen religiöser Akteure in verschiedenen Bereichen, darunter Gleichstellung der Geschlechter, Klimaschutz, Integration junger Menschen sowie wirtschaftliche und soziale Entwicklung. „Die schiere Bandbreite und Intensität der vorgestellten Beispiele verdeutlichte die unverzichtbare Rolle, die religiöse Führungspersönlichkeiten, weltliche Akteure und glaubensbasierte Organisationen in der globalen Entwicklung spielen“, hielt sie fest. Nozell wies jedoch auch auf die anhaltenden Herausforderungen hin, denen sich die UNO kurz vor ihrem 80-jährigen Bestehen und in den letzten fünf Jahren der Agenda 2030 gegenübersieht. „Es herrscht die ernüchternde Erkenntnis, dass noch viel Arbeit dringend zu leisten ist.“
Sie betonte die Notwendigkeit, branchenspezifische Grenzen zu überwinden, um bestehende Initiativen effektiv zu nutzen. „Friedensbemühungen können durch die Zusammenarbeit mit religiösen Akteuren erheblich profitieren“, bekräftigte Melissa. Durch die Förderung der sektorübergreifenden Zusammenarbeit könnten Interessengruppen erfolgreiche lokale Initiativen weltweit ausweiten und replizieren.
Nozell beendete ihre Rede mit einem hoffnungsvollen Appell an die globalen Partner. „Die Rednerinnen und Redner der Kofi Annan Faith Briefings lieferten zahlreiche eindrucksvolle Beispiele für glaubensbasierte Arbeit zur Unterstützung der SDGs. Auch wenn die globalen Krisen anhalten und einige Entwicklungsziele noch in weiter Ferne liegen, gibt es doch unbestreitbare Hoffnung, wie die unablässigen Bemühungen religiöser Gruppen an vorderster Front für Gerechtigkeit, soziale Inklusion und Frieden zeigen.“
Sie forderte politische Entscheidungsträgerinnen und -träger, religiöse Akteurinnen und Akteure sowie internationale Interessengruppen gleichermaßen auf, ihre Zusammenarbeit fortzusetzen und auszubauen. „Treffen wie diese sind wichtige Gelegenheiten für Dialog und Partnerschaft. KAICIID spielt durch seine einzigartige Position als zwischenstaatliche Organisation, die den Dialog an der Basis mit der Politik verbindet, eine zentrale Rolle bei der Fortsetzung dieser wichtigen Gespräche und der Förderung des gemeinsamen Fortschritts hin zu nachhaltigem Frieden.“
Angesichts der nahenden 2030-Frist darf die Welt die unverzichtbaren Beiträge religiöser Akteure nicht übersehen. Ihre Arbeit basiert auf Vertrauen, Nähe und einem starken Engagement für die Würde jedes Einzelnen. Mehr denn je müssen Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Praxis sowie die Zivilgesellschaft gleichermaßen in einen inklusiven Dialog investieren und lokale Friedensstifterinnen und -stifter unterstützen, die den Weg zu nachhaltigem Frieden ebnen.
Veranstaltungen wie die Kofi Annan Faith Briefings zeigen, dass Glaubensführer und interreligiöse Akteure nicht nur relevant sind, sondern auch unverzichtbare Verbündete bei der Verwirklichung der Neuen Agenda für den Frieden der Vereinten Nationen.