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Junge Menschen starten virtuelles Projekt zur Friedensförderung in Nigeria
Als Jugendleiterinnen und -leiter des Zentrums für Gleichstellung und Gleichberechtigung (Centre for Equality and Equity, CEE) Anfang dieses Jahres einen Online-Kurs zur Friedensförderung starteten, konnten sie nicht ahnen, wie wichtig digitale Gespräche rund um den interreligiösen und interkulturellen Dialog während der COVID-19-Pandemie werden würden.
Die virtuelle Dialogreihe „Friedensförderung durch Sprachen und interreligiöse Veranstaltungen“, die durch eine Förderung von KAICIID finanziert wird, vermittelt jungen Nigerianerinnen und Nigerianern Sprachkenntnisse auf fortgeschrittenem Niveau und Instrumente zur Friedensförderung. Derzeit sind 80 junge Menschen im Alter von 18 bis 29 Jahren in zwei Gruppen eingeschrieben, eine in Abuja im nördlichen Teil Zentralnigerias und eine andere in Lagos im südlichen Nigeria.
„Für viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist es eine neue Erfahrung, da einige keine andere Sprache neben ihrer Muttersprache beherrschen oder Kulturen außerhalb ihrer eigenen kennen. Für einige ist es auch das erste Mal, dass sie sich zu interreligiösen oder interkulturellen Dialogen zusammenfinden“, berichtet der Gründer von CEE, Ajibola Oyelade.
Laut Oyelade soll der Kurs eine Lücke im interreligiösen und interkulturellen Dialog in Nigeria schließen, indem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über die Notwendigkeit aufgeklärt werden, Menschen mit allen religiösen und ethnischen Hintergründen und nicht nur die Mehrheitsgemeinschaften in die Bemühungen für Frieden in Nigeria einzubeziehen.
„Wir sollten uns nicht nur als ein Land von Christinnen und Christen sowie Musliminnen und Muslimen sehen. Es gibt Menschen mit anderen Religionen, denen bisher keine Stimme gegeben wurde. Sie sollten bei solchen Dialogen willkommen sein, denn auch sie müssen Teil der Erzählungen zur Friedensstiftung sein“, so Oyelade.
„Nigerianerinnen und Nigerianer können die Geschichte durch religiöse Toleranz verändern“
Der Teilnehmer Samuel Zion, ein Student der Wirtschaftswissenschaften an Nigerias Open University, meldete sich wegen der Ausbreitung der Terrorvereinigung Boko Haram, die Gebiete in ganz Nigeria verwüstet hat, für den Kurs an.
„Ich möchte Teil dieser positiven Intervention sein und die Geschichte der religiösen Toleranz in Nigeria neu schreiben. Ich glaube, dass die Geschichte der Förderung der religiösen Toleranz durch diese Veränderung der Erzählung neu geschrieben werden kann und die Nigerianerinnen und Nigerianer sich selbst als Teil davon erkennen, und nicht durch religiöse oder ethnische Zugehörigkeit.
Zion berichtet, dass die einzigartige inhaltliche Vielfalt des Kurses aus Unterricht über Dialog, das Erlernen von Sprachen und friedensfördernden Instrumenten hilfreich ist, um Menschen aus Gemeinschaften zusammenzubringen, die normalerweise nicht in der Lage wären, sich miteinander zu unterhalten.
„Die Menschen fühlen sich in einer Umgebung friedvoller, in der sie eine gemeinsame Sprache sprechen und verstehen können. Sehr oft, wenn eine Person sich in einer Umgebung befindet, in der sie die Sprache nicht versteht, wird sie misstrauisch und betrachtet die Umgebung als unsicher“, so Zion.
„Journalistinnen und Journalisten haben die Verantwortung, den Frieden zu fördern und Vorurteile abzubauen“
Ramat Aliyu, Redakteurin bei „Young Brilliant Talented Communicators Media Productions“, erzählt, der Kurs sei auch für Journalistinnen und Journalisten wie sie selbst wertvoll gewesen, um eine konfliktsensitive Berichterstattung zu gewährleisten. Sie erklärte weiters, dass sie sich dadurch ihrer Rolle als Entscheidungsträgerin und Kontrollinstanz bewusster geworden sei.
„Das Programm hat meinen Horizont über die Wirkung unserer Berichterstattung auf die Gesellschaft erweitert. Es erinnert mich an meine Verantwortung, den Frieden zu fördern und Vorurteile, Stereotypen und Ideologien abzulegen“, so Aliyu.
Als besonders aufschlussreich für sie und andere Teilnehmerinnen und Teilnehmer empfand Aliyu Kursmodule, die die Triebkräfte von Konflikten und Warnzeichen von Gewalt skizzierten.
„Ich kann jetzt in jeder potenziell gewalttätigen Situation Akteurinnen und Akteure erkennen, die Krise an sich verstehen und eine rasch anwendbare und praktische Lösung speziell für eine Krisensituation entwickeln. Ich habe auch gelernt, wie man konstruktiven Dialog zur Aufklärung nutzen kann und dass ich Teil des Prozesses zur Friedensstiftung sein kann“, führte sie weiter aus.
Zion stimmt zu, dass das Projekt ihn für Bedrohungen sensibilisiert hat, die das Gleichgewicht des Friedens stören könnten, und ihn gleichzeitig ermutigt hat, sich aktiv für den Dialog einzusetzen.
„Ich empfinde es als meine Pflicht, Menschen aufzuklären, die den Nutzen des Friedens nicht erkennen oder deren Charakter eine Bedrohung für den Frieden darstellt, weil dadurch Gewalt geschürt werden könnte. Daher bemühe ich mich ganz bewusst, alles in meiner Macht Stehende zu tun, um diese Menschen zu erreichen, indem ich sie über die Grundlage des Friedens und darüber aufkläre, was wir alle gewinnen können, wenn wir in Harmonie miteinander leben“, erklärt Zion stolz.
„Wir haben bewiesen, dass Friedensförderung online erfolgreich sein kann“
Oyelade ist der Ansicht, dass der Erfolg des Online-Kurses von CEE ein perfektes Beispiel dafür ist, wie Friedensstifterinnen und -stifter sowie Entwicklungshelferinnen und -helfer auch während der Pandemie mit den Gemeinschaften in Kontakt bleiben können. Der Grund dafür ist, dass die Pandemie bewiesen hat, dass Gemeinschaften genauso online im Netz auf viele Arten existieren können wie sie auch physisch auf viele verschiedene Arten existieren.
„Angesichts der aktuellen Situation ist es für alle an der Zeit, ihre Programme und Angebote neu zu gestalten. Wir können zwar die physische und persönliche Interaktion nicht völlig vermeiden, aber es macht durchaus Sinn, Programme auf virtuelle Interaktionen hin auszurichten“, führt er weiter aus.
Da immer mehr junge Menschen Zugang zum Internet haben und online aktiv sind, sollten die Kurse laut Oyelade strategische Kanäle nutzen und so gestaltet sein, dass sie die Interaktion und das Feedback zwischen Friedensstifterinnen und Friedensstiftern und den Gemeinschaften, mit denen sie arbeiten, fördern. Friedensstifterinnen und Friedensstifter verstehen nämlich gut, welche Kanäle für ihre eigenen Gemeinschaften am besten funktionieren.
Im Kurs von CEE korrespondieren Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie Moderatorinnen und Moderatoren via Sprachnachrichten auf WhatsApp und reichen Fallbeispiele elektronisch ein. CEE stellt auch Videosequenzen über Gruppenchats auf WhatsApp für die Kursgruppen in Abuja und Lagos bereit, außerdem dient die Projektwebsite als Hilfsmittel zur Verteilung von Material: www.bridgeng.org
Oyelade hofft, dass der Kurs bis September 2020 mehr als 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erreichen wird, zumal so viele junge Menschen auf der Suche nach Möglichkeiten der virtuellen Bildung sind.
„Gegenwärtig hat die Pandemie die Bewegungsfreiheit in Lagos eingeschränkt, doch diese Einschränkung hat keine Auswirkungen auf unser Online-Lernen in diesem Projekt“, freut sich Zion. „Organisationen können Friedensstifterinnen und Friedensstiftern, wie zum Beispiel auch uns Kursteilnehmerinnen und Teilnehmern, helfen, sich während des Coronavirus über das Internet zu verbinden, da dies das Medium ist, mit dem man im Moment Kontakt zu anderen Menschen aufnehmen kann.“