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- Hassrede hat laut Fachleuten während der Pandemie zugenommen
Die Coronavirus-Pandemie hat zu schwerwiegenden wirtschaftlichen Einbußen für die Bevölkerung auf der ganzen Welt geführt. Von Lockdowns über Personalabbau bis hin zu verpflichtender Quarantäne hat die Covid-19-Krise mit über 4,5 Millionen Todesfällen und schätzungsweise 219 Millionen Infektionen das Leben und die Zukunft von Milliarden Menschen unwiderruflich verändert.
Die Pandemie hat auch einen entsprechenden „Tsunami“ an Hassrede ausgelöst, sagt der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Antonio Guterres. Er spricht von einer „Welle des Hasses und von Fremdenfeindlichkeit, Sündenbock-Denken und Panikmache. Es bedarf eines umfassenden Ansatzes, um Hassrede weltweit zu beenden“.
Laut Guterres hat die „ausländerfeindliche Stimmung im Internet und auf der Straße zugenommen, antisemitische Verschwörungserzählungen wurden verbreitet und es gab antimuslimische Angriffe im Zusammenhang mit COVID-19“. Er fügt hinzu, dass Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten „als Quelle des Virus verunglimpft wurden und ihnen dann der Zugang zu medizinischer Behandlung verweigert wurde“.
KAICIID ist Mitinitiator eines Projekts zur Bekämpfung von Hassrede
Gemeinsam mit dem Europäischen Rat der Religionsführer (ECRL), Religion for Peace (RfP) Europe und mit Unterstützung des OSZE-Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) hat KAICIID im Rahmen einer neuen Initiative für sozialen Zusammenhalt das Projekt „Hassrede bekämpfen“ ins Leben gerufen.
Das Projekt zielt darauf ab, zu erforschen, wie interreligiöse, interkulturelle und bereichsübergreifende Zusammenarbeit bei der Verhinderung von Hassrede genutzt werden kann. Religiösen Akteurinnen und Akteuren wird eine Ressource für den Aufbau von Kapazitäten zur Verfügung gestellt, um sie bei der Bekämpfung des Problems zu unterstützen und gleichzeitig sozialen Zusammenhalt zu fördern.
Das Projekt startete mit einer Diskussion von rund 70 Fachleuten, gefolgt von einer europaweiten Umfrage, in der die Auswirkungen von Hassrede sowie Maßnahmen zu deren Bekämpfung von religiösen Führerinnen und Führern, interreligiösen Organisationen sowie Religionsexpertinnen- und experten untersucht wurden. An der Umfrage nahmen 34 religiöse Führerinnen und Führer sowie religiöse Gruppen aus einem breiten Spektrum europäischer Gemeinschaften in über 15 Ländern teil.
„Berichte belegen, dass Hassrede zugenommen und das Coronavirus die Menschen verängstigt hat. Sie saßen mit ihren Computern zu Hause und bewegten sich nur mehr in Online-Echokammern, die das Problem noch verstärkt haben“, erklärt Frances Rose, Programm-Managerin für regionale Zusammenarbeit und Vernetzung bei KAICIID.
„Die Zahl der Vorfälle von Hassrede steigt und das Problem ist sehr komplex. Daher suchen wir nach Lösungen in vielen verschiedenen Richtungen, insbesondere nach Wegen, um diejenigen, die weniger Werkzeuge oder Ressourcen haben, mit den Mitteln auszustatten, die sie brauchen, um effektiv und unvoreingenommen damit umzugehen.“
Laut einer Studie werden 89 Prozent der Opfer von Hassrede wegen ihres Glaubens oder ihrer ethnischen Zugehörigkeit angegriffenh
Religiöse Akteurinnen und Akteure können eine wichtige Quelle für solche Lösungen sein. Eine von der OSZE im Jahr 2018 durchgeführte Studie ergab, dass 54 Prozent der gemeldeten Vorfälle in Verbindung mit Hassrede auf Menschen wegen ihrer Religion abzielten. Davon wurden 89 Prozent entweder wegen ihres Glaubens oder ihrer ethnischen Zugehörigkeit angegriffen. Religiöse Gruppen berichten weiterhin über eine steigende Zahl von Angriffen. Gleichzeitig haben Religionsgemeinschaften mit Vorurteilen und Hassrede unter ihren eigenen Anhängern zu kämpfen, die ihr rechtliches und soziales Ansehen beeinträchtigen. Insbesondere religiöse Führungspersönlichkeiten stehen vor der anspruchsvollen Aufgabe, konstruktiv auf Hassrede zu reagieren und gleichzeitig das Vertrauen zu ihren Gläubigen, anderen Glaubensrichtungen und säkularen Behörden aufrechtzuerhalten.
Die Ergebnisse der von KAICIID und ECRL organisierten Expertendiskussion bestätigten, dass „religiöse und säkulare Akteurinnen und Akteure für Politikerinnen und Politiker sowie andere zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich mit den Triebkräften von Hassrede befassen wollen, von wesentlicher Bedeutung sind“. Es ist besonders wichtig „Führungspersönlichkeiten und Mitgliedern von Gemeinschaften das nötige Wissen zu vermitteln, um Hassrede, Fake News und Desinformationen zu erkennen und sich mit Nachdruck gegen Hassrede in ihrer Umgebung auszusprechen“.
In die Umfrage flossen Antworten von Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus verschiedenen Glaubensrichtungen ein, darunter Islam (38 Prozent), Christentum (32 Prozent) und Judentum (21 Prozent). Die Ergebnisse geben beunruhigende Einblicke in die Verbreitung von Hassrede. Elf der befragten Organisationen und Personen gaben an, dass Hassrede ein „sehr großes“ Problem für ihre Gemeinschaften darstelle. Überwältigende 91 Prozent der Befragten gaben an, dass sie oder ihre Gemeinschaften von Hassrede betroffen waren, und 22 Personen oder Organisationen gaben an, dass sowohl Männer als auch Frauen von Hassrede betroffen waren. Die Befragten nannten soziale Medien als Ort, an dem sie am meisten mit Hass konfrontiert sind.
Die Ergebnisse machen auch deutlich, dass Hassrede in allen Glaubensgemeinschaften verbreitet ist. 51 Prozent der Befragten gaben an, ihnen sei bekannt, dass Mitglieder ihrer eigenen Gemeinschaft Hassrede gegen andere Menschen und Gruppen einsetzen. Hassrede wurde auf historische oder geopolitische Auseinandersetzungen, Islamophobie, Stereotypisierung, Rassismus und negative Medienberichterstattung zurückgeführt.
Erfahrungen mit Hassrede und Instrumente zur Bekämpfung des Phänomens im Mittelpunkt der KAICIID-Konsultationen
Sobald die Ergebnisse der Umfrage vorlagen, führte KAICIID vier regionale Konsultationen in ganz Europa durch, um die Daten zu diskutieren. Über 40 religiöse Akteurinnen und Akteure, darunter hochrangige religiöse Persönlichkeiten, Jugendaktivistinnen und -aktivisten sowie KAICIID Fellows nahmen an den regionalen Treffen teil, um ihre Erfahrungen im Bereich der Hassrede und die Instrumente zu diskutieren, die sie bei der Bekämpfung der Auswirkungen am nützlichsten fanden.
Ein regionaler Unterschied, den die Besprechung zutage förderte, zeigte die Zunahme von Hassrede besonders in Süd- und Osteuropa, wo sie stark durch die Ankunft von Flüchtlingen aus anderen Teilen der Welt beeinflusst wurde. „Es war interessant, dass in den Ländern, in denen sich derzeit viele Flüchtlinge aufhalten, sowohl im Osten als auch im Süden, Hassrede besonders stark mit Flüchtlingen in Verbindung gebracht wurde“, so Rose.
Fehlende finanzielle Ressourcen als Hindernis für die effizientere Bekämpfung von Hassrede
Bei den Konsultationen wurden auch einige der Schwierigkeiten hervorgehoben, mit denen Glaubensgemeinschaften und religiöse Akteurinnen und Akteure konfrontiert sind, wenn sie Hassrede erfolgreich eindämmen wollen. Dazu gehören Angst und Unsicherheit, Fake News und Fehlinformationen sowie Hassrede, die von öffentlichen Persönlichkeiten wie Politikerinnen und Politikern ausgehen. Weitere Hindernisse bei der Bekämpfung von Hassrede sind ein Mangel an finanziellen Ressourcen, an Solidarität zwischen interreligiösen Gruppen, ein Mangel an rechtlichen Maßnahmen zur Begrenzung digitaler Hassrede und politische Unterstützung für religiöse Akteurinnen und Akteure.
Rose erklärt, die Umfrage sei ein wichtiger Schritt, um die Einstellungen zu Hassrede und religiösen sowie interreligiösen Organisationen und die Art der benötigten Hilfe zu ermitteln.
„Die Umfrage ermöglichte eine Fülle von Antworten und wurde durch ein einstündiges Gespräch in jeder Region ergänzt, in dem sie uns ein Gefühl für ihre Frustration und ihre Gefühle geben konnten.“
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den regionalen Treffen forderten Schulungen, die verschiedene Glaubensrichtungen sowohl persönlich als auch online zusammenbringen, um an Vertrauensbildung, Selbstreflexion und praktischen Fähigkeiten für den Umgang mit Medien und Regierungen zu arbeiten.
„Wir werden unser Bestes tun, um ihre Bedürfnisse und Forderungen in den von uns entwickelten Ressourcen widerzuspiegeln“, so Rose. „Es ist eine anspruchsvolle Aufgabe, aber angesichts der Tatsache, dass die Rolle religiöser Persönlichkeiten als entscheidend angesehen wird, ist es im kommenden Jahr unser Ziel, sicherzustellen, dass sie über Dialog-Fähigkeiten und Erfahrungen verfügen, die sie nutzen können, um diese interreligiösen Beziehungen aufzubauen und ruhig und selbstbewusst ihre Stimme zu erheben, wenn Hassrede auftritt.“
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