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Virtuelle interreligiöse Dialogplattform bietet Jugendlichen psychische Unterstützung während der Coronaviruskrise
Als vergangenen März COVID-19 mit steigenden Todeszahlen, Arbeitsplatzverlusten und Lockdowns die Welt erschütterte, erkannten Sohini Jana und Jon Rasmussen, dass junge Menschen aller Glaubensrichtungen mentale und emotionale Unterstützung benötigen würden.
Jana ist eine Alumna des KAICIID Fellows-Programms und derzeit amtierende Kapitelpräsidentin für die indische Niederlassung des Euphrates Institute, einem globalen Netzwerk von Friedensstifterinnen und Friedensstiftern. Rasmussen kommt aus Dänemark und ist Teil des Programms Dialogue for Peace, das KAICIID gemeinsam mit der Weltpfadfinderbewegung gegründet hat. Er konzentriert sich dabei auf mit Arbeit mit Jugendlichen. Die beiden Programme laufen zwar getrennt voneinander, doch Jana und Rasmussen lernten einander über das KAICIID-Netzwerk von Dialogvermittlerinnen und -vermittlern kennen und starteten so ihre Kooperation.
Jana und Rasmussen nutzten ihr breites interreligiöses und jugendliches Netzwerk, um einen sicheren, digitalen Raum zu schaffen, in dem religiöse Führerinnen und Führer sowie andere Dialogvermittlerinnen und -vermittler wöchentliche Sitzungen für Jugendliche aus Asien und Afrika abhalten können.
„Junge Menschen finden es schwierig, generationenübergreifend zu kommunizieren“, erklärt Jana, die vor der Pandemie als Dialogvermittlerin und Ausbilderin für Lehrende im Nordwesten Indiens arbeitete. „Sie können über die Art von Verwirrung, mit der sie konfrontiert sind, nicht sprechen. Sie haben ihr Leben noch vor sich und blicken in eine ungewisse Zukunft.“
Gemeinsam gründeten Jana und Rasmussen den Online Circle of Compassion („Online-Kreis des Mitgefühls“) auf der Videochat-Plattform Zoom. Der Gesprächskreis ist eine Unterstützungsgruppe für Jugendliche, um sich mit interreligiösen Fachleuten, Gleichaltrigen und Älteren aus anderen Teilen der Welt treffen und austauschen zu können.
Jugendliche blicken unsicherer Zukunft entgegen
„Unser Hauptaugenmerk lag auf Asien und Afrika, da diese Regionen am stärksten von der Pandemie betroffen sind. Aufgrund der einsetzenden Rezession, des Verlusts von Arbeitsplätzen, der Unsicherheiten und des wirtschaftlichen Drucks kämpfen die Jugendlichen aus diesen Regionen darum, ihren Weg in die Zukunft zu finden“, so Jana.
Rasmussen fügt hinzu, dass er und Jana einen sicheren Raum für junge Menschen schaffen wollten, um Ängste und Befürchtungen zu verarbeiten. Die beiden wollen Jugendliche ermutigen, zusammenzukommen, anstatt aufeinander einzuschlagen, was eine häufige Reaktion in Umgebungen mit hohem Stress ist.
„Unser unbewusstes Gefühl, Angst zu haben, führt oft dazu, 'den Anderen' anzugreifen, um eine Verteidigungsebene aufzubauen und uns ein Gefühl von Sicherheit und Frieden zu geben. Biologisch gesehen ist dies ein völlig normales Verhalten. Aber es bringt uns nicht das gewünschte Ergebnis. Hier können wir versuchen, Mitgefühl und Akzeptanz einzubringen“, führt Rasmussen aus.
Die Resonanz auf die Online-Sitzung in der ersten Woche überzeugte Jana und Rasmussen davon, dass das Projekt genau das ist, was junge Menschen suchen. „Rund 70 Leute haben sich für einen virtuellen Platz beworben. Das bedeutet, dass 70 Menschen den Mut hatten, die Hand auszustrecken, weil sie jemanden wollten, der ihnen virtuell die Hand gibt und ihnen hilft, sich verbunden, verstanden und akzeptiert zu fühlen“, berichtet Jana.
Die Treffen haben Menschen mit unterschiedlichem Glaubenshintergrund, darunter buddhistische, christliche und muslimische Jugendliche, zusammengebracht, um darüber nachzudenken, wie Religion und Mitgefühl ihre Interaktionen mit anderen prägen.
Junge Menschen waren daran beteiligt, die Inhalte der Diskussionen festzulegen. Sie nannten Themen wie den Umgang mit Problemen in öffentlichen Gesundheitseinrichtungen, die nicht darauf vorbereitet sind, angemessen auf die Coronaviruskrise zu reagieren; die fehlende Einbindung von Jugendlichen in Entscheidungsprozesse; die Tabus über Fragen der psychischen Gesundheit zu sprechen; und die Zunahme der Hoffnungslosigkeit in einigen Gemeinschaften.
Die Gesprächsleiterinnen und -leiter vermittelten den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bewährte Praktiken zur Unterstützung der psychischen Gesundheit und halfen ihnen, während der Pandemie Hoffnung zu schöpfen sowie die Rolle der Religion bei Interaktionen zwischen den Gemeinschaften rund um das Virus zu verstehen.
„Die Trainings waren besonders fruchtbar, da sie den Menschen halfen zu verstehen, wie sie bewusst interreligiöses Engagement durch Dialog praktizieren können“, so Jana.
In den Monaten seit seinem Start ist der Online Circle of Compassion um Fachleute sowie Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus mehreren Ländern gewachsen, wie Indien, Nepal, Tunesien, Deutschland und die USA. Darunter waren junge Religionswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler von der Universität Heidelberg und der George Mason University sowie Studierende aus verschiedenen Jugendbewegungen wie dem African Students Interfaith Network.
Jana und Rasmussen konnten ehrenamtliche interreligiöse Fachleute gewinnen, vor allem von KAICIID und dessen Partnerorganisationen. „Ihre Aufgabe war es, die Gespräche über Mitgefühl in Online-Gruppen zu moderieren, die aus mehrsprachigen Mitgliedern bestanden. Sie erleichterten die Kommunikation und dolmetschten auch, wenn nötig“, berichtet Jana.
Ein sicherer Raum für mitfühlendes Zuhören
Jana und Rasmussen gestalteten die Gruppen für die Gesprächsrunden so, dass sie nach Möglichkeit Menschen mit gemeinsamen Sprachen einschlossen, um Dialog zu ermöglichen. Sie sorgten aber auch dafür, dass es eine Vielfalt an religiösen, ethnischen und nationalen Identitäten gab.
„Bei unseren Treffen ging es um Mitgefühl und es gab eine Menge sehr interessanter Gespräche darüber, wie verschiedene Glaubensrichtungen dieses Mitgefühl auf unterschiedliche Weise fördern.“
Laut Jana wird zum Beispiel psychische Gesundheit in Gebieten Afrikas und Asiens oft als Tabu betrachtet und es ist unüblich, professionelle Hilfe zu suchen. „Der Online Circle of Compassion wurde entwickelt, um diese Lücke bis zu einem gewissen Grad zu füllen. Es wurde ein sicherer Raum geschaffen, in dem mitfühlendes Zuhören, das Erzählen von Geschichten und andere Dialogpraktiken genutzt wurden, um die Jugendlichen zu ermutigen, sich mitzuteilen und ohne Angst Stress abzubauen.“
Die Anwesenden wurden ermutigt, sich in ihrem eigenen Tempo zu öffnen und Vertrauen innerhalb der Gruppe aufzubauen. „Sie konnten sich auch entscheiden, nur den Geschichten der anderen zuzuhören und sich durch gemeinsame Erfahrungen und Emotionen als Teil einer Gemeinschaft zu fühlen. Das hilft den Menschen im Idealfall, sich nicht so allein zu fühlen“, fügt sie hinzu.
Laut Jana ist die wichtigste Empfehlung für andere, die vielleicht ähnliche Initiativen starten wollen, die Privatsphäre der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu schützen. „Die Sicherheit derer, die dabei sind, ist etwas, das wir sehr ernst nehmen. Es werden keine Bilder, Aufnahmen, Namen oder irgendetwas anderes veröffentlicht, das die Identität eines Anwesenden preisgeben könnte. Sich sicher zu fühlen und zu wissen, dass es hinterher nicht gegen einen verwendet wird, ist äußerst wichtig.“
Möchten Sie mehr darüber erfahren, wie Religionsgemeinschaften die psychische Gesundheit der Gläubigen während der Coronaviruskrise unterstützen können? Nehmen Sie an KAICIIDs Webinar zu psychischer Gesundheit während der World Interfaith Harmony Week teil.