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Muslimische und Jüdische Würdenträger fordern europäische Institutionen dazu auf, Religionsfreiheit zu schützen und Hassreden engegenzuwirken
MATERA, 18. September 2019 – Würdenträger aus muslimischen und jüdischen Religionsgemeinschaften in Europa haben eine gemeinsame Erklärung abgegeben, in der sie europäische Institutionen, politische Entscheidungsträger und die Zivilgesellschaft auffordern, die Religionsfreiheit unter anderem durch Respekt vor Bräuchen betreffend Ernährung, Kleidung und Kindererziehung zu schützen.
Die von 29 Würdenträgern aus 19 europäischen Ländern unterzeichnete Erklärung war eines der Ergebnisse der Generalversammlung des „Muslim-Jewish Leadership Councils“, welche am 16. September in Matera, Italien, stattfand und von KAICIID und der „City of Peace for Children Foundation“ mitorganisiert wurde.
Im Namen ihrer religiösen Gemeinschaften würdigten die Unterzeichner das europäische Engagement zum Schutz der Vielfalt, ermahnten jedoch Institutionen und Behörden, wachsam zu sein und „Maßnahmen einzuleiten, um einen spaltenden und diskriminierenden Diskurs sowie Hassreden einschließlich Islamophobie und Antisemitismus zu unterbinden, die unsere Gemeinden isolieren und den Eindruck erwecken sollen, sie gehörten nicht zu Europa und seinen Werten oder unsere Gemeinschaften für politische Zwecke gegeneinander ausspielen sollen.“
Entsprechend den Grundsätzen des europäische Rechts forderten sie eine Gleichbehandlung aller BürgerInnen, einschließlich jüdischer und muslimischer Minderheiten. Mitglieder des MJLC brachten ihre tiefe Besorgnis über „einen zunehmend polarisierten politischen Diskurs und die Verbreitung von Falschinformation in Europa“ zum Ausdruck, „die Grundrechte gefährden, Misstrauen auslösen und einen steigenden Antisemitismus und Islamophobie befördern, die von Hass und Diskriminierung auf politischer, sozialer, juristischer und persönlicher Ebene begleitet werden.“
Die Erklärung wies insbesondere auf die Notwendigkeit hin, Religionsfreiheit dadurch zu schützen, „von Beschränkungen oder Vorschriften bei der Ausübung des muslimischen oder jüdischen Glaubens durch Einschränkungen bei der Wahl der Kleidung, der Zubereitung von Speisen und der Kindererziehung abzusehen.“
Um eine falsche Darstellung oder Fehlinterpretation ihres Glaubens zu vermeiden und diskriminierenden Regeln entgegenzuwirken, einigten sich Mitglieder des MJLC auf die Gründung zweier Kommissionen, die sich mit Bereichen von gemeinsamem Interesse auseinandersetzen, die derzeit in verschiedenen Ländern auf dem Prüfstand stehen: Zum einen eine koschere und Halal-Ernährung, zum andere die allgemeinere Praxis der Religionsfreiheit. Mitglieder der Kommission mit Fachwissen in den jeweiligen Gebieten geben Ratschläge, sammeln Daten und stellen Kommunikationsmaterial zu Verfügung, wo auch immer Herausforderungen entstehen.
„Wir müssen Vorurteile abbauen, indem wir unsere Perspektive mit den Begrifflichkeiten der europäischen Institutionen formulieren“, erklärte Imam Yahya Pallavicini, Präsident der Comunita Religiosa Islamica Italiana und stellvertretender Vorsitzender des Councils.
„Andererseits dürfen diese Institutionen unsere Identitäten nicht aufs Spiel setzen, indem sie vorschreiben, wie Religion auszuüben ist, solange dies intern geregelt werden kann“, fügte er hinzu.
Außerdem wird der MJLC Hintergrunddokumente zu Übereinstimmungen im muslimischen und jüdischem Glauben bei beiderseitigen Anliegen ausarbeiten, die die Grundlage für eine gemeinsame Interessenvertretung bilden sollten. „Wenn wir zeigen, dass Muslime und Juden eng und systematisch zusammenarbeiten und Europäer sind und bleiben werden, dann werden staatliche Institutionen wesentlich gewillter sein, uns zu hören“, hob Rabbi Fiszon, Oberrabiner von Metz und Moselle sowie Berater des Oberrabiners von Frankreich hervor.
Die MJLC-Versammlung fand im Rahmen der Pax Matera Feierlichkeiten im Vorfeld des Internationalen Tag des Friedens der Vereinten Nationen statt und stellte den Status der Stadt als Europäische Kulturhauptstadt 2019 heraus. Nach einem Treffen zwischen einer Delegation des MJLC/KAICIID mit Rafaello de Ruggieri, Bürgermeister von Matera, sowie dem katholischen Erzbischof von Matera-Irsina, Hochwürden Antonio Giuseppe Caiazzo, gab die Stadt bekannt, als Zeichen der Solidarität und des Engagements für den Frieden zukünftig jedes Jahr jüdische und muslimische Würdenträger zu empfangen.
Nach der letztjährigen Generalversammlung in Amsterdam konnten im Rahmen dieser Begegnung neue und hochrangige Mitglieder begrüßt werden, darunter der erste italienische Rabbiner des Councils. An dem Treffen nahmen auch Vertreter aus Österreich, Bosnien und Herzegowina, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, Irland, Litauen, den Niederlanden, Norwegen, Polen, Portugal, Rumänien, Russland, Slowenien, Spanien, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich teil.
Lesen Sie hier die vollständige Erklärung des MJLC.
Über das Muslim Jewish Leadership Council
Das European Muslim and Jewish Leadership Council (MJLC) wurde von vierzehn hochrangigen europäischen religiösen Würdenträgern – jeweils sieben jüdischen und sieben muslimischen Glaubensvertretern – 2016 mit Unterstützung des KAICIID in Wien gegründet. Sein Zweck ist die Zusammenarbeit in Fragen des gemeinsamen Interesses und der Aufbau von mehr Vertrauen und gegenseitigem Verständnis zwischen den Gemeinschaften seiner Mitglieder. Das MJLC wurde am 29. Oktober 2018 als österreichische Nichtregierungsorganisation registriert.
Es agiert in einem zunehmend von Islamophobie, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit geprägten europäischen Klima, und vor dem Hintergrund immer häufiger europäischer legislativer Initiativen, die sich direkt auf jüdische und muslimische religiöse Praktiken und Traditionen auswirken (beispielsweise Vorschriften über Bekleidung, Beschneidung und Nutztierschlachtung). Mithilfe gemeinsamer Kampagnen zur Verteidigung der Rechte religiöser Minderheiten auf dem ganzen Kontinent fungiert das MJLC als Fürsprecher für die betroffenen Gemeinschaften in Bezug auf die Ausübung ihrer im europäischen Gesetz verankerten religiösen Freiheiten. Mit dem Beispiel von Zusammenarbeit und Respekt ist das MJLC bemüht, Verständnis zu fördern und Vertrauen zwischen muslimischen und jüdischen Gemeinschaften aufzubauen. Durch das Ansprechen und Anregen junger Menschen soll ein Weg geöffnet werden, der ihnen ermöglicht, in Europa ein erfolgreiches, erfülltes und ihrem Glauben entsprechendes Leben zu führen.
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