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Das neue Buch eines KAICIID Fellows erforscht Möglichkeiten der bildenden Kunst für interreligiösen Dialog
Die Rothko Chapel in Houston, Texas, ist nicht unbedingt das, wofür man sie hält. Es sei denn, Sie dachten, es handle sich um eine dezidiert konfessionslose, achteckige Kapelle, die mit vierzehn Gemälden in Schwarztönen des US-amerikanischen Künstlers Mark Rothko dekoriert ist.
Das Ziel der Kapelle, die jährlich etwa 100.000 Besucherinnen und Besucher aus aller Welt mit und ohne Glaubensbekenntnis empfängt, ist es, „Möglichkeiten für spirituelles Wachstum und Dialog zu schaffen, die unsere gemeinsamen menschlichen Werte verdeutlichen und zu einer Welt führen, in der alle mit Würde und Respekt behandelt werden“. Nicht selten fragen einander die Besucherinnen und Besucher, nachdem sie die Kapelle verlassen haben: „Was hast du da drin gesehen?“
Diese Art von Gesprächen möchte Dr. Christopher Longhurst, römisch-katholischer Theologe und KAICIID Fellow aus dem Jahr 2020, mit seinem neuen Buch „Bildende Kunst für interreligiösen Dialog“ (Pictorial Art for Interreligious Dialogue) anregen.
Die vom KAICIID Fellows-Programm finanzierte Publikation untersucht den einzigartigen Einsatz von bildender Kunst für den interreligiösen Dialog und bietet einen praktischen Leitfaden, der Lehrkräften dabei hilft, effektiven und angenehmen interreligiösen Dialog sowohl in akademischen als auch in informellen Kontexten zu erlernen und zu vermitteln.
Von Neuseeland bis Rom, von Marokko bis München
Longhurst, Experte für theologische Ästhetik, hatte die Idee bei einem Training des KAICIID Fellows-Programms 2020 in Wien. Aus seinen eigenen Beobachtungen und inspiriert von Gesprächen mit anderen Fellows wusste Longhurst, dass die Zeit gekommen war, dieses Buch zu schreiben.
Doch sein Weg als Vermittler interreligiösen Dialogs durch bildende Kunst begann schon vor Jahren in Rom. Der in Napier, Aotearoa, Neuseeland, geborene Longhurst studierte 17 Jahre lang Kunst und Theologie an den Vatikanischen Museen. Bei der Betrachtung von Raffaels „Die Schule von Athen“ (1509-1511) und Caravaggios „Die Grablegung Christi“ (1603-1604) war Longhurst davon angetan, wie verschiedene Formen der Kunst – Gebäude, Statuen, Gemälde – religiöse Botschaften vermittelten und zu spirituellen Gesprächen anregten.
„Menschen mit – oder ohne – religiösem Hintergrund betrachten Kunstwerke und können miteinander darüber sprechen. Das brachte mich dazu, darüber nachzudenken, wie Malerei dazu beitragen könnte, dass Menschen verschiedener Glaubensrichtungen tiefgehende, theologische Gespräche miteinander führen“, so Longhurst.
„Moderierter Dialog ist immer gut, und Kunst ist ein Mittel, das von Natur aus tiefgreifende Gefühle und intensive Diskussionen hervorruft“, erklärt er.
Nachdem er einige Zeit damit verbracht hatte, die ikonoklastische Kunst in Deutschland und der Schweiz mit den Arabeskenmustern in Nordafrika zu vergleichen, kam Longhurst zu der Überzeugung, dass die bildende Kunst – unabhängig von ihrer Herkunft – sich als besonders hilfreich für fruchtbaren Dialog erweisen könnte.
Aber es waren nicht nur explizit religiöse Werke, die Longhurst motivierten, die theologischen Andeutungen der Kunst zu erforschen. Vielmehr waren es vor allem so genannte „säkulare“ Werke, moderne und abstrakte Kunst, die ihn bewegten.
Abstrakte Kunst „bietet Zugang zu einer breiteren gemeinsamen Basis für den interreligiösen Dialog, weil sie theologische Themen aufzeigen kann, die verschiedene Religionen durchdringen“, schreibt Longhurst. „Sie bringt uns dazu, dieselbe Welt auf unterschiedliche Weise zu erforschen. Kunst spricht uns individuell an, aber wenn zwei, drei oder mehr Menschen ein Kunstwerk betrachten, entsteht ein breiteres Gespräch.“
Wie bildende Kunst den Dialog fördert
Um dieses Gespräch besser zu führen und zu moderieren, entwickelte Longhurst die Methode des Strukturierten Kunstbasierten Bildungsdialogs (SAED).
Der Vorteil dieser Methode ist, dass sie sich direkt auf das Kunstwerk konzentriert, aber auch die Person einbezieht, die dem Inhalt oder dem Thema des Kunstwerks eine Bedeutung beimisst, so Longhurst.
Diese Art des Dialogs schafft für die Gesprächspartnerinnen und -partner einen sicheren und angenehmen Raum, der Geschmack, Ängste und Negativität überwindet.
„Die am Dialog beteiligten Menschen können unterschiedlichen Religionen, Glaubenstraditionen und kulturellen Hintergründen angehören oder ähnliche religiöse Hintergründe oder Glaubenssysteme haben“, so Longhurst. „Sie können auch auf verschiedene Weise zusammenkommen: einzeln, in kleinen Gruppen und Kreisen oder in Bildungseinrichtungen.“
„Es ist vielleicht der sicherste Raum für einen Dialog, denn es ist fast unmöglich, einander zu beleidigen, wenn man mit einem Kunstwerk spricht. Es antwortet nicht. Selbst wenn einem das Kunstwerk nicht gefällt oder man mit der Interpretation einer anderen Person nicht einverstanden ist, führt das nur zu weiteren Gesprächen“, so Longhurst.
„Noch besser ist, dass das Betrachten von Kunst an sich ein Vergnügen ist und der Dialog zu einem angenehmen Zeitvertreib wird, anstatt Ängste oder Befürchtungen auszulösen.“ Er führt weiter aus: „Dies erweitert nicht nur unser Verständnis von Vielfalt, sondern schafft auch Beziehungen und sogar Freundschaften. Es geht nicht nur darum, etwas zu lernen, sondern auch darum, durch Kunst echte Beziehungen aufzubauen. Die Möglichkeiten sind nahezu endlos.“
Longhurst ist der Ansicht, dass verschiedene Arten von Kunst zu unterschiedlichen Gesprächen führen können. Ob rein abstrakte Kunst, abstrakte Werke mit Inhalt oder realistische, erzählerische oder figurative Bilder – die bildende Kunst kann ein breites Spektrum an Dialogen hervorrufen.
Anhand von Werken wie Jan Richardsons „Ein spiralförmiger Gott“ (A Spiral Shaped God auf dem Titelbild des Buches), Piet Mondrians „Komposition mit Gelb und Blau“ (1932) oder Kazuya Akimotos „Abstract Fluid Virgin Mary“ (2008) können die Diskutierenden die Bedeutung von Farben und Formen erörtern. Sie können Vorstellungen wie Atman – das spirituelle Lebensprinzip des Universums nach hinduistischer Tradition – oder unterschiedliche Konzepte von Reinheit, Schöpfung oder Göttlichkeit in verschiedenen Religionen untersuchen. In welche Richtung diese Dialoge gehen, sei Sache der Vermittlerin oder des Moderators, sagt er.
„Diese Person kann die Entscheidung treffen, verschiedene Kunstwerke für verschiedene Szenarien und Zwecke auszuwählen – verschiedene Kunstwerke, die die verschiedenen Weltanschauungen und Lebenserfahrungen ansprechen.“
Longhurst konnte diese Dynamik beobachten, als er die Methode bei einem der monatlichen Treffen eines lokalen interreligiösen Rates in Aotearoa, Neuseeland, ausprobierte. Mit Hilfe des „Kreisprozesses“ – einer Gruppe von acht bis zehn Personen verschiedener Glaubensrichtungen, die sich für den intendierten Dialog in einen Kreis setzen – leitete Longhurst ein Gespräch über ein abstraktes Kunstwerk.
„Es hat wunderbar funktioniert! Es gab kein direktes Gespräch mit den Leuten, sondern es wurde durch die Kunst vermittelt, in die jeder seine theologischen Vorstellungen und Erfahrungen einbringt. Wenn dies geschieht, ist es fast über jede Kritik erhaben.“
Jetzt, da das Buch veröffentlicht ist und dank der Unterstützung von KAICIID kostenlos zum Download zur Verfügung steht, freut sich Longhurst darauf, zu sehen, wie Lehrende sowie Dialogvermittlerinnen und -vermittler ihre eigenen Szenarien für einen Dialog durch bildende Kunst entwerfen und durchführen.
„Stellen Sie sich vor, Sie nehmen das Buch mit in eine Kunstgalerie mit einer vielfältigen Gruppe und wenden es mit Studierenden oder einer religiös diversen Gruppe von Menschen an und stellen einige dieser Fragen.“ Longhurst meint: „Die Möglichkeiten sind fast endlos.“
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