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- „Talking Dialogue“: Die Geburtsstunde des weltweiten interreligiösen Dialogs 1893
Maryam Mouzzouri ist eine belgische Studentin der École Pratique des Hautes Etudes in Paris und hat im Rahmen des KAICIID-Projekts „Talking Dialogue“ Archivarbeit in Chicago durchgeführt. Ihre Recherchearbeiten für das Talking-Dialogue-Projekt konzentrierten sich auf das Weltparlament der Religionen von 1893, das heute allgemein als Geburtsstunde des weltweiten formellen interreligiösen Dialogs angesehen wird. Bei der Zusammenkunft des Parlaments, die zeitgleich mit der World’s Columbian Exposition stattfand, einer Vorläuferin der Weltausstellung, trafen sich Vertreter der westlichen und östlichen geistlichen Traditionen, und es war die erste Begegnung dieser Art überhaupt.
Obwohl es nicht einfach war, Briefe und Korrespondenz zwischen den Protagonisten des Weltparlaments der Religionen zu finden, da bei einem Brand in Berkley 1923 offenbar viele wertvolle Dokumente zerstört wurden, konnte ich einige hoffentlich interessante Fundstücke entdecken. Der Austausch in diesen Unterlagen ließ auf große Erfolge für die Zukunft des interreligiösen Dialogs hoffen. Doch leider ist das erste Weltparlament des interreligiösen Dialogs in der allgemeinen Öffentlichkeit eher unbekannt. Am Ende dieses Artikels werde ich anhand der Geschichte von Dr. Philip Schaff, einem der wichtigsten Teilnehmer, beispielhaft zeigen, wie entscheidend diese Veranstaltung für die Menschen war. Doch zunächst möchte ich erläutern, wie ich vorging, um geeignete Archivmaterialien zu finden. Nach meiner Ankunft in Chicago begab ich mich zur DePaul University, um in deren Archiven zu arbeiten. Vor meiner Reise nach Chicago hatten mir die Mitarbeiter bereits gesagt, dass sie nicht viele Dokumente aus direkten Quellen zum Weltparlament der Religionen 1893 vorliegen haben; sie hatten jedoch mehrere Bücher aus den Jahren 1893/1894 und einige – zum Teil sehr kurze – Schriftstücke, die vom Rat des Weltparlaments der Religionen oder von Teilnehmern des Parlaments geschrieben wurden. Die Mitarbeiter der Abteilung „Special Collections and Archives “ der DePaul University hatten für mich vier Kisten mit Dokumenten zum Weltparlament der Religionen zusammengestellt, darunter alles, was zum Parlament von 1893 vorlag. In diesen vier Kisten befanden sich lediglich acht Originaldokumente aus den Jahren 1893 oder 1894; vier weitere interessante Dokumente waren undatiert. Auf einem der letzten Dokumente war kein Autor angegeben: Es war Teil eines größeren Dokuments, das ohne Quellenangabe kopiert wurde, so dass der Ursprung äußerst schwierig zu klären ist. Die übrigen Dokumente in diesen vier Kisten sind jüngeren Datums. Einige davon waren sogar Dokumente, die vom Rat für das Weltparlament der Religionen von 1993 oder danach geschrieben wurden. Dabei handelte es sich um Analysen des Parlaments von 1893, die zwar interessant waren, aber eben kein Material aus erster Hand. Daher habe ich diese Dokumente zunächst zurückgestellt und werde sie erst in der nächsten Woche auswerten. Nach einer Woche Recherche an der DePaul University hatte ich alle vorhandenen Dokumente aus den Jahren 1893/1894 gelesen und entschied, nach weiteren Quellen aus erster Hand in den anderen Bibliotheken von Chicago zu suchen, bevor ich mich mit den Briefen und Büchern aus dem Jahr 1993 beschäftigte. Ich fand einige interessante Dokumente in der Bibliothek der University of Chicago, insgesamt acht Bücher über das Parlament von 1893, die überwiegend von Teilnehmern geschrieben wurden. Eines ist eine Zusammenstellung von Zeitschriftenartikeln, die täglich während des Parlaments über das Ereignis verfasst wurden. Ich fand außerdem einen Mikrofilm aus dem Jahr 1893. Obwohl es in der Bibliothek der University of Chicago externen Studenten nur fünf Tage lang gestattet wird, Recherchen durchzuführen, konnte ich alle Dokumente zum Parlament von 1893 durchsehen und kopieren. Am Mittwoch, den 16. Juli trafen Jana und ich auf Mary Nelson und ihr Team vom Rat für das Weltparlament der Religionen, die uns freundlich und herzlich willkommen hießen. Sie nannten die Namen einiger Personen, die Dokumente über das Parlament von 1893 und auch von 1993 haben könnten. Abschließend scheint mir das Beispiel von Dr. Philip Schaff die Relevanz des Weltparlaments der Religionen für die Förderung des interreligiösen Dialogs am besten zu veranschaulichen. Der im Jahr 1893 bereits achtzigjährige Dr. Schaff war ein protestantischer Kirchenhistoriker, der während seines gesamten Lebens für die Einheit der Christen geworben hatte. Sein Arzt hatte ihm von der Reise von New York nach Chicago abgeraten, und Dr. Schaff kam aufgrund seiner Krankheit stark geschwächt am Veranstaltungsort an. Er hatte sein Leben aufs Spiel gesetzt, doch er sah im Weltparlament der Religionen eine Gelegenheit, seine tiefen Überzeugungen zur religiösen Harmonie und zur Zusammenarbeit mit anderen zu teilen. Also fuhr er trotz der Warnungen seines Arztes zum Parlament. Jenkin Lloyd Jones ehrt ihn in einem seiner Bücher [1], indem er es mit „[seinen] treffenden Worten [2]“ schließt, die „im Interesse der religiösen Einheit zusammengestellt [und] im Zustand äußerster körperlicher Schwäche von diesem geliebten Lehrer geäußert wurden [3]“: „Für jemanden, der gerade erst von den Toten auferstanden ist, kam diese Gelegenheit zur Rede recht kurzfristig. Vor gut einem Jahr traf mich ein Schlaganfall, doch ich habe mich dank der Gnade Gottes erholt und bin mir mein eigenes Wunder. Ärzte und Freunde rieten mir von einer Reise nach Chicago ab. Sie sagten, sie würde mich umbringen. Gut, dann lass sie mich umbringen. Ich war entschlossen, meine letzte Äußerung vor dem Tod der christlichen Einheit zu widmen, an der ich mein ganzes Leben lang interessiert war. Doch ich denke, dass der Herr mir die Kraft geben wird, das Parlament der Religionen zu überleben. Die Idee dieses Parlaments wird alle Kritik überleben. Die Kritiker werden sterben, doch die gute Absicht wird fortbestehen. Und so sicher wie Gott die Wahrheit ist, und so sicher wie Christus der Weg und die Wahrheit und das Leben ist, wird sein Wort erfüllt werden und es wird eine Herde und einen Hirten geben. [4]“ [1] JONES Jenkin Lloyd, A Chorus of Faith as heard in the Parliament of Religions held in Chicago, 10.-27. September 1893, Chicago, Chicago: The Unity Publishing Company, 1893, S. 333 [2] Ibid. S. 327. [3] Ibid. [4] Ibid.
Das Projekt ‘Talking Dialogue’ war eines der ersten Projekte von KAICIID nach dem Global Forum im Jahr 2013. Ziel des Projekts…