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Ein Ort, um anders zu sein
Agnete Holm wurde als Tochter dänischer Missionare geboren und verbrachte einen Großteil ihrer Kindheit im Ausland. Sie verortet ihre Vertrautheit mit interkultureller Vielfalt und der Leidenschaft für den interreligiösen Dialog beim Tisch für das Mittagessen in ihrer Volksschule in Japan.
„Ich ging mit Schülern aus 37 Ländern in eine internationale Schule. Einige Kinder aßen Reis zum Mittagessen, einige aßen Erdnussbutter und Marmeladebrote. Ich dachte, es sei normal, so divers zu sein“, erinnert sie sich.
Agnetes internationale Blase platzte, als sie 13 war und ihre Familie in ein kleines Dorf an der Westküste Dänemarks zog.
„Alle waren gleich. Sie aßen das gleiche Essen, trugen die gleiche Kleidung, hatten die gleiche Art von Möbeln. Es gab keinen Platz für das Anderssein“, erzählt sie. „Ich konnte einfach nicht atmen. Ich wurde gehänselt. Ich war die merkwürdige Person, die nicht gemocht wurde. Ich war unglücklich.”
Agnete sehnte sich nach der Vielfalt ihrer frühen Jugend, in der „jeder Einzelne der Ausgefallene war“, und sparte genug Geld, um nach dem Schulabschluss wieder nach Asien zu reisen. In den nächsten Jahren vertiefte sie ihr Engagement für den interreligiösen Dialog, indem sie in hinduistischen Ashrams lebte, sich in Spiritualität weiterbildete, durch die Region reiste und schließlich einen Bachelor- und Master-Abschluss in Theologie machte.
Am Ende ihres Studiums bat Danmission, die dänische christliche Wohltätigkeitsorganisation, für die Agnetes Eltern als Missionare gearbeitet hatten, sie um Hilfe beim Aufbau eines Dialogzentrums in Südindien. Seitdem arbeitet sie mit Danmission zusammen, mittlerweile als leitende Beraterin für interreligiösen Dialog und Theologie.
Danmission ermöglicht interreligiösen und interkulturellen Dialog, um gegenseitiges Verständnis zu erreichen und Konflikte in der Welt zu verringern. Agnete ist verantwortlich für Projekte im Nahen Osten und in Asien. Sie ist außerdem geweihte Pastorin der nationalen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Dänemark und leitet gelegentlich Gottesdienste in der historischen Kirche des Heiligen Geistes in Kopenhagen.
„Meine Glaubenslehre ist inklusiv und pluralistisch. Eine geweihte Pastorin zu sein, steht nicht im Gegensatz zur Arbeit, zum Ausleben und Glauben an den interreligiösen Dialog. Für mich sind das zwei Seiten derselben Medaille.“
15 aufeinanderfolgende Sommer lang hat Agnete diese Philosophie in einem Bergkloster im Libanon in die Praxis umgesetzt, wo sie das Internationale Dialog- und Bildungscamp (IDEC), ein gemeinsames Projekt von Danmission und dem Forum für Entwicklung, Kultur und Dialog, organisiert und betreut. Jedes Jahr bringt IDEC etwa 30 verschiedene junge Menschen aus Dänemark und dem Nahen Osten zusammen, um ihre Fähigkeiten im interreligiösen und interkulturellen Dialog und in der Konfliktlösung zu verbessern.
Agnete envisions the camp as a safe space where youth from different backgrounds and faiths can work through prejudices, find common ground, and go on to promote interreligious cooperation back home. To accomplish these goals, her workshop model breaks the mould.
Agnete stellt sich das Camp als einen sicheren Ort vor, an dem Jugendliche mit unterschiedlichem Hintergrund und Glauben Vorurteile abbauen, Gemeinsamkeiten finden und die interreligiöse Zusammenarbeit in ihrer Heimat fördern können. Um diese Ziele zu erreichen, ist ihr Workshop-Modell bahnbrechend.
„Die meisten Dialogkonferenzen sind eigentlich Monologe in Serie von Menschen, die lange Zeit sprechen. Ich wollte über die hufeisenförmigen Tische, Plastikblumen und Taschentuchboxen, die wir normalerweise sehen, hinausgehen und einen Raum für einen echten interreligiösen Dialog zwischen den Menschen schaffen“, führt sie aus.
Dazu müssen die Teilnehmer ihre eigenen falschen Vorstellungen hinterfragen und ihre Zuhörfähigkeiten verbessern, bevor ein effektiver Dialog beginnen kann.
„Es ist nicht möglich, zu einer Beziehung mit anderen Menschen zu gelangen, wenn man nicht offen ist für die Reise in sich selbst“, so Agnete. „Beim Dialog geht es nicht darum, andere davon zu überzeugen, dass man Recht hat. Es geht darum, sich zu verbinden und in Beziehung zu treten und sich von der Schönheit dessen inspirieren zu lassen, was anders ist als man selbst. Es ist ein Geschenk, eine Einladung, am Leben des anderen teilzunehmen und zu teilen. Das bedeutet nicht, dass es nicht auch frustrierend sein kann.“
Bei so viel religiöser und kultureller Vielfalt im Raum entstehen unweigerlich Spannungen. Agnete nimmt diese Realität als eine Gelegenheit wahr, um Vorurteile abzubauen, und hat eine unglaubliche Transformation unter den Teilnehmern erlebt, die sich mit Offenheit und Ehrlichkeit in diese Spannungsfelder begeben.
Sie erinnert sich an einen jungen sunnitischen Teilnehmer aus dem Libanon, dessen Eltern ihm beibrachten, Schiiten zu hassen, und ihm sagten, dass sie ihn verstoßen würden, wenn er jemals mit einer schiitischen Freundin nach Hause käme. Diese Einstellung des Hasses verschwand schließlich, als er auf der IDEC eine schiitische Frau traf.
„Er nahm sie mit zu seinen Eltern. Sie begrüßten sie mit Küssen und führten ein schönes Gespräch. Als er ihnen sagte, dass sie Schiitin sei, waren seine Eltern schockiert. Sie hatten gerade eine Stunde mit diesem wunderbaren Mädchen verbracht. Das brach all ihre Vorurteile auf. Er erzählte ihnen, was er im Camp gelernt hatte, und sagte, er wolle einfach nicht mehr hassen. Seine Eltern verstanden es und antworteten ihm, er könne heiraten, wen er wolle. Es war eine unglaubliche Veränderung“, freut sich Agnete.
Viele Teilnehmer setzen ihre Dialogreisen noch lange nach dem Ende des Camps fort, indem sie entweder ihre alten Leben und Karrieren mit den gewonnenen Erkenntnissen bereichern oder ganz neue Wege beschreiten.
Ein syrischer Teilnehmer gründete nach dem Camp eine neue Organisation für den interreligiösen Dialog, und mehrere syrische Pfadfinderleiter haben die gewonnenen Erkenntnisse in ihre Gruppentreffen einfließen lassen. Eine Ägypterin, die das Camp ohne jegliche Erfahrung mit interreligiösem Dialog besuchte, leitet nun interreligiöse Dialogcamps für Jugendliche.
„Diese jungen Leute haben mich immer demütiger gemacht. Am Anfang dachte ich, ich könnte ihnen viel beibringen, aber jetzt weiß ich, dass die größte Veränderung darin besteht, dass wir einander zuhören, die richtigen Fragen stellen und mit Menschlichkeit antworten.“
Um den ehemaligen Teilnehmern und der allgemeinen Öffentlichkeit bei der Verbreitung dieser Lektionen zu helfen, hat Agnete die kostenlose Online-Dialog-Toolbox von Danmission erstellt, die mehr als 40 Übungen, Videoclips und Artikel enthält, die die Benutzer bei der Planung und Durchführung von Dialog-Workshops für ihre lokalen Gemeinschaften einbeziehen können. Die Toolbox-Übungen wurden seit der Einführung der Plattform im Jahr 2018 bereits hunderte Male heruntergeladen.
Agnete hofft, dass die Toolbox mehr Dialogcamps hervorbringt und ermutigt zukünftige Moderatorinnen und Moderatoren, mit verschiedenen Formaten zu experimentieren, die am besten dem Kontext und den Bedürfnissen ihrer jeweiligen Gemeinschaften entsprechen.
„Beim Dialog geht es nicht um den Austausch von Wissen, sondern darum, einen Raum in mir vorzubereiten, den der andere bewohnen kann. Wir müssen die Arbeit zunächst selbst machen. Ich bin hier, um den Menschen zu helfen, leichter miteinander in Beziehung zu treten, sich ein wenig mehr zu lieben und Orte zu finden, an denen sie atmen können, wo es in Ordnung ist, anders zu sein.“
Agnete Holm ist eine der von KAICIID portraitierten "Heroes of Dialogue". Um mehr über diese zu erfahren, klicken Sie bitte hier.