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- Die Rolle religiöser Führerinnen und Führer in Lateinamerika während und nach COVID-19
Religiöse Führerinnen und Führer, Politikerinnen und Politiker sowie Expertinnen und Experten aus Lateinamerika kamen für eine Konferenz auf virtuellem Weg zusammen. Sie besprachen, wie religiöse Stimmen die regionale Reaktion auf die COVID-19-Pandemie stärken können. Das Coronavirus breitet sich in Lateinamerika aktuell besonders schnell aus.
Die Konsultation ist Teil der Vorbereitung für das Interreligiöse G20- Forum. Dieses verbindet Religionsgemeinschaften aus der ganzen Welt in einem breit angelegten Prozess von Konsultationen. Die Themen reichen von den Auswirkungen der Krankheit COVID-19 über Regierungsführung und Glaube bis hin zu sozioökonomischen Herausforderungen und dem Schutz der Umwelt.
Das Internationale Dialogzentrum (KAICIID) unterstützt gemeinsam mit den wichtigsten Partnerorganisationen die Konsultation. Dazu zählen die G20 Interfaith Forum Association, die Allianz der Zivilisationen der Vereinten Nationen (UNAOC) und das Nationale Komitee für interreligiösen und interkulturellen Dialog Saudi-Arabiens. Sie werden dazu beitragen, eine Reihe von Empfehlungen an die führenden Politikerinnen und Politiker der Welt zu formulieren, die am G20-Gipfel teilnehmen. Dieser soll im November in Riad, Saudi-Arabien, stattfinden.
Botschafter Alvaro Albacete, stellvertretender Generalsekretär des KAICIID, meint zum Grund der Konsultation: „Die COVID-19-Krise bringt eine Neuausrichtung der globalen Agenden mit sich. Während dieser Zeit ist Dialog wichtig, damit wir das durch die Pandemie verursachte Leid lindern, aber auch die systemischen Ungleichheiten beseitigen können, die offengelegt wurden.“
Es gibt in jedem Land in der Region Fälle von COVID-19. Die beiden bevölkerungsreichsten Länder Lateinamerikas, Brasilien und Mexiko, verzeichnen mit über 67.000 bzw. 32.000 Toten die höchste Zahl von Todesfällen. Peru, Chile und Ecuador waren mit tausenden Erkrankten und Todesfällen ebenfalls stark betroffen. Expertinnen und Experten warnen davor, dass der Höhepunkt der Pandemie in Lateinamerika noch Wochen entfernt sein könnte. Daher haben sich Religionsgemeinschaften, wie in vielen anderen Teilen der Welt, zusammengeschlossen, um den Betroffenen Hilfe und spirituelle Unterstützung zu leisten. Gleichzeitig sind die Religionsgemeinschaften nicht mehr in der Lage, Gottesdienste, Hochzeiten, Taufen, Beerdigungen und andere Rituale und Traditionen in der gewohnten Weise zu zelebrieren, da diese den Vorschriften des Gesundheitswesens unterliegen.
„Die Politik muss religiöse Stimmen berücksichtigen und Politikerinnen und Politiker sowie religiöse Führerinnen und Führer müssen dazulernen und einander zuhören. Lateinamerika hat eine lange Tradition des interreligiösen Zusammenlebens und des nachhaltigen Dialogs zwischen Religionsgemeinschaften und politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern“, so Albacete.
Das Treffen zählte auf die Unterstützung mehrerer religiöser und interreligiöser Organisationen in Lateinamerika. Darunter waren das Iberoamerikanische Generalsekretariat, das Lateinamerikanische Konsortium für Religionsfreiheit, Religionen für den Frieden in Lateinamerika und der Karibik, der Lateinamerikanische Jüdische Kongress, der Argentinische Rat für Religionsfreiheit (CALIR), die Nationale Kommission für Gerechtigkeit und Frieden der argentinischen Bischofskonferenz und die Delegation der israelitisch-argentinischen Vereinigung (DAIA).
„Lateinamerika ist eine Region mit immensen sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Glaubensgemeinschaften spielen eine grundlegende Rolle bei der Verwirklichung des friedlichen Zusammenlebens, von Dialog und sozialer Gerechtigkeit. Diese wertvollen Erfahrungen an die Staats- und Regierungsoberhäupter der G20 weiterzugeben, ist entscheidend und dringend“, mahnt Rebeca Grynspan, Generalsekretärin des iberoamerikanischen Generalsekretariats und ehemalige Zweite Vizepräsidentin Costa Ricas während des Treffens.
In seiner Ansprache an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wies Kardinal Pedro Barreto, Erzbischof von Huancayo und Vizepräsident der peruanischen Bischofskonferenz, auf die schwerwiegenden wirtschaftlichen Auswirkungen hin, die die Pandemie auf die schwächsten Teile der lateinamerikanischen Gesellschaften hat.
„Die COVID-19-Pandemie ist eine demokratische Pandemie, sie ist global im Hinblick auf ihre exponentielle Ausbreitung. Gleichzeitig ist sie jedoch elitär, wenn es um die Behandlung geht. Viele Brüder und Schwestern in unserer Region leiden unter den Folgen eines Gesundheitssystems, das weite Teile der Bevölkerung nicht versorgt“, gibt er zu bedenken.
Rabbiner Michael Schlesinger von der Israelitischen Paulistengemeinde (IPC) in Argentinien sprach über die Bedeutung des interreligiösen Dialogs, um dieser beispiellosen Pandemie zu begegnen. „Wir sind mit enormen Herausforderungen konfrontiert. Diese Herausforderungen sind keine christlichen, muslimischen oder jüdischen Herausforderungen. Es sind menschliche Herausforderungen. Aus diesem Grund empfehle ich, dass wir weiterhin das System des Dialogs stärken und die Annäherung zwischen Gläubigen verschiedener Religionen fördern“, betont er.
Die Lateinamerika-Konsultation fand im Anschluss an zwei weitere regionale Treffen statt, die den arabischen Raum und Europa umfassten. Dabei diskutieren religiöse Führerinnen und Führer, Politikerinnen und Politiker sowie Expertinnen und Experten diverse Themen. Diese umfassen die Stärkung des sozialen Zusammenhalts und die Förderung des friedlichen Zusammenlebens, Umweltschutz, die Förderung der gemeinsamen Bürgerschaft, interreligiösen Dialog, den Schutz von Minderheiten und die Verhinderung von Hassrede.