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Reaktionen religiöser Würdenträger und zwischenstaatlicher Organisationen auf die Gewalt im Norden Iraks (Auswahl)

Im Norden Iraks hat brutale Gewalt zum Tod von Tausenden unschuldiger Zivilisten geführt. Weltweit haben zahlreiche religiöse und weltliche Autoritäten diese abscheulichen Taten missbilligt. KAICIID verurteilt jegliche Gewalt gegen Minderheiten und die Anhänger, Gemeinden und heilige Stätten von Religionen. In gleicher Weise wie die politischen und religiösen Führer aus aller Welt beklagt und missbilligt KAICIID Gewalt im Namen der Religion. Diese Liste zeigt beispielhaft die große Vielfalt der religiösen Meinungen zur Ablehnung des „Islamischen Staates“ und soll nicht als vollständige Liste aller Äußerungen zur Verurteilung der Gewalt erachtet werden.

 

Shawki Ibrahim Abdel-Karim Allam, Großmufti von Ägypten

„ISIS ist eine Gefahr für den Islam und der Vatikan fordert, dass die Welt ISIS für ihre Verbrechen zur Verantwortung zieht und sie vor Gericht stellt.“



Alternativer Link (Arabisch)        Statement 2



„Es ist ein grober Fehler, eine Gruppe von Terroristen wie ISIS als Islamischen Staat zu bezeichnen, denn sie verstoßen gegen alle Werte des Islams, die höheren Ziele des islamischen Rechts und auch gegen die universellen Werte der Menschheit. Blutdurstige Extremistengruppen sind eine Gefahr für den Islam und Muslime und sie verzerren ihr Bild. Sie vergießen Blut und bringen Korruption über das Land, schwächen Nationen und geben anderen einen Anlass, uns zu zerstören und sich unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung in unsere Angelegenheiten einzumischen.“

 

UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon

Anmerkungen bei einem Pressegespräch am 12. August 2014 in New York

„Der sogenannte „Islamische Staat“ – IS – ist eine Bedrohung für Irak, Syrien und die Region. Ich bin zutiefst bestürzt angesichts der barbarischen Taten, zu denen laut Berichten Massenhinrichtungen, die Entführung von Jungen für den Einsatz im Krieg und die Verschleppung und der Verkauf von Mädchen als Sexsklaven zählen. Ich verurteile die systematische Verfolgung der Angehörigen von Minderheiten und der Gegner der Ideologie von „IS“ und der angeschlossenen bewaffneten Gruppen auf das Schärfste.“

 

Ökumenischer Patriarch Bartholomäus

(13. August 2014)

Die jüngste Welle der Gewalt gegen unschuldige Familien und Kinder im Irak hat die Welt geschockt und entsetzt. Wir werden gegenüber derartig irrationaler Verfolgung, kultureller Intoleranz und den entsetzlich vielen Toten nicht gleichgültig oder sprachlos sein, insbesondere wenn die Ursachen religiöser Hass und rassistische Feindseligkeiten sind.

Die Angriffe auf Zehntausende Christen (darunter Aramäer, Chaldäer und Assyrer) und andere religiöse Minderheiten (darunter Turkmenen, Jesiden und Kurden) kann niemals im Namen einer religiösen Überzeugung oder Weltanschauung gerechtfertigt werden.

Was wir derzeit im Irak beobachten ist nicht einfach die Entwurzelung einer religiösen Minderheit – in diesem Fall der Jesiden, deren bloße Existenz bedroht ist –sondern einer gesamten Zivilisation. Die Schikanierung und Tötung von Frauen und Kindern, Alten und Behinderten aus welchen Beweggründen auch immer – insbesondere im vorgeblichen Namen einer religiösen Überzeugung – ist die Ablehnung unserer eigenen Zukunft. Derartiges Unheil und Grausamkeit durch die Anhänger einer Religion können niemals durch das feige und fälschliche Anführen einer anderen Religion als Antrieb verteidigt werden. Derart brutale Taten sind kategorisch inakzeptabel und weder vor Gott noch vor der Menschheit zu rechtfertigen.

Gewalt lässt sich niemals durch Gewalt beenden, und Hass kann nur durch Toleranz überwunden werden. Da wir wissen, dass wahrer und dauerhafter Frieden nur durch konkrete Begegnungen und Dialog herbeigeführt werden kann, rufen wir die religiösen Würdenträger und politischen Autoritäten dieser verwundeten Region auf, für das Gespräch zur Streitlösung zu werben, und friedliche Mittel zur Konfliktbeilegung zu fördern.

Gleiches erbitten wir von allen politischen und religiösen Führern in anderen Teilen der Welt, insbesondere in Gaza und Israel, damit nicht auch diese Konflikte weiter eskalieren und noch mehr Menschenleben fordern. Genau aus diesem Grund haben wir im vergangenen Juni auf Einladung von Papst Franziskus in Rom an einem interreligiösen Friedensgipfel mit den Präsidenten Peres und Abbas teilgenommen.

Die Lage im Irak ist besonders kritisch. Die humanitäre Notlage ist dringlicher als je zuvor. Unsere Reaktion muss unmittelbar und greifbar sein. Daher rufen wir alle verantwortungsvollen Organisationen und alle Menschen guten Willens dazu auf, neben Unterstützung durch fortgesetztes und ausdauerndes Gebet, Hilfe mit Materialien und humanitären Ressourcen zu leisten, damit diese unschuldigen Opfer nicht länger Hunger, Leid und Tod ertragen müssen.

Wir hoffen von ganzem Herzen und beten inständig, dass der Gott der Liebe, der von Juden, Christen und Muslimen gleichermaßen verehrt wird, diese falschen Idole des Fanatismus und der Vorurteile überwinden wird. Möge der barmherzige Herr allen Frieden schenken.

 

Statement von Adama Dieng, Sonderberater des Generalsekretärs zur Genozidprävention, und Jennifer Welsh, Sonderberaterin des Generalsekretärs zur Schutzverantwortung, bezüglich der Lage im Irak

„Der Sonderberater des Generalsekretärs zur Genozidprävention Adama Dieng und die Sonderberaterin des Generalsekretärs zur Schutzverantwortung Jennifer Welsh verurteilen die berichtete Hinrichtung von rund 500 Mitgliedern der jesidischen Gemeinde in Sindschar und Umgebung im Norden Iraks durch Mitglieder des sogenannten Islamischen Staates auf das Schärfste.“ Sie drückten außerdem ihre Beunruhigung über Berichte aus, denen zufolge der „Islamische Staat“ rund 1500 jesidische, christliche und schabakische Frauen und Mädchen entführt haben soll.

„Diese Berichte sind äußerst schockierend. Sie zeigen in eindeutiger Weise den vollständigen Mangel an Menschlichkeit bei den Tätern dieser Verbrechen,“ so der Sonderberater und die Sonderberaterin. Sie fügten hinzu, dass derartige Handlungen „grobe Verstöße gegen die Menschenrechte und das internationale humanitäre Recht sind und Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen können. Die Berichte, die uns über die Taten des „Islamischen Staats“ vorliegen, können auch auf die Gefahr eines Völkermords hinweisen.“

 

Die Patriarchen des Orients

(14. August 2014) 

Ein Geist der Verantwortlichkeit sollte in allen arabischen und internationalen Sphären vorherrschen, um diesen aggressiven Extremismus einzudämmen, der ein Hindernis auf der Straße zwischen Christentum und Islam ist, sowohl in der Region als auch im Rest der Welt, und um dessen dramatische Folgen gemeinsam zu beenden. Falls bestimmte Kreise diese extremistischen Trends verdeckt finanzieren und Geld bereitstellen, um Korruption über die Welt zu bringen, müssen diese Kreise vor der internationalen Öffentlichkeit und den Kräften der Moral unserer Welt bloßgestellt werden. Die einzig mögliche Vorgehensweise beinhaltet, dass Araber und Muslime wieder ein Bild des Zusammenhalts untereinander aufbauen und die Vorteile der für den Orient charakteristischen Vielfalt erkennen. Es ist außerdem notwendig, sich gegenseitig zu akzeptieren, und auf Grundlage von gegenseitigem Respekt, Gleichheit und Bürgerrechten zusammenzuleben. Es ist ein Appell von tiefstem Herzen an die ganze Welt, denn wir arbeiten für die Einigkeit mit unseren muslimischen Brüdern, eine Integration in das gleiche Schicksal, das uns heute und morgen bindet, so wie es uns gestern gebunden hat, und so üppige Früchte trägt. Wir rufen die muslimischen Autoritäten der Sunniten und Schiiten an, offizielle und eindeutig formulierte „Fatwas“ zu veröffentlichen, die Angriffe auf Christen, unschuldige Menschen und persönliches Eigentum verbieten. Wir rufen alle arabischen und muslimischen Parlament an, Regeln zu verabschieden, die eine solche Öffnung herbeiführen und alle Formen der Ausgrenzung und Ablehnung eindeutig beenden, damit die Täter sich vor Gericht für ihre Fehler verantworten müssen. Wir wenden uns außerdem an alle Schwesterkirchen auf der ganzen Welt und bitten um Solidarität mit unseren Appellen und Gebeten zum Schutz der Erlösungsbotschaft Christi in den Ländern des Nahen Ostens vor der Welle der groß angelegten Verfolgungen.

Die Arabische Liga, die Konferenz der Arabischen Zusammenarbeit, der UN-Sicherheitsrat, der Internationale Strafgerichtshof und die Internationale Gemeinschaft reagieren unmittelbar durch wirksame und umfangreiche Notmaßnahmen.

Nabil Elaraby, Generalsekretär der Arabischen Liga 

(11. August 2014)

Der Generalsekretär der Arabischen Liga Nabil Elaraby hat am Montag „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ durch Dschihadisten im Irak gegen die Minderheit der jesidischen Gemeinde verurteilt und gefordert, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen.

Irakische Politiker warnen angesichts der schweren Notlage der Jesiden, die hoch auf einem Berg festsitzen, nachdem des militante Anhänger des Islamischen Staats in Irak und Großsyrien (ISIS) ihr Land überrannte haben.

 

Seine Heiligkeit Papst Franziskus

„Der Heilige Vater verfolgt die dramatischen Berichte von schutzlosen Bevölkerungsgruppen aus dem Norden Iraks mit großer Besorgnis. Christliche Gemeinden sind besonders betroffen: Ein Volk flieht aus seinen Dörfern angesichts der Gewalt, die diese Tage prägt und der gesamten Region Chaos und Verwüstung bringt.

Seine Heiligkeit ruft die internationale Gemeinschaft dringend zum Schutz aller von Gewalt Betroffenen oder Bedrohten auf, und auch zur Leistung der notwendigen Unterstützung und insbesondere der am dringendsten benötigten Hilfe für die große Zahl der Menschen, die aus ihre Häusern vertrieben wurden und deren Schicksal vollständig von der Solidarität anderer abhängig ist.“

 

Prof. Dr. Mehmet Görmez, Leiter von Diyanet (Religiöse Angelegenheiten)

„Soziale Krisen in der islamischen Welt, politische und militärische Spannungen, und Versuche, Konflikte auf Grundlage der Angehörigkeit zu einer Gemeinde oder einer Geisteshaltung zu führen, haben ernsthafte Ausmaße angenommen, die nicht nur die Region, sondern die gesamte islamische Welt mit Konsequenzen bedrohen, die nicht mehr zu reparieren sein könnten. Die chaotische Umgebung in der irakisch-syrischen Achse hat die Spannungen auf neue Höhen geführt und Ereignisse ausgelöst, zuvorderst die Lage in Mossul. Die wechselseitigen Aussagen, die Gewalt, Ankündigungen des Dschihad, Drohungen der Zerstörung heiliger Schreine, Entführungen und Mord zum Inhalt haben, sind als Vorbeben der bevorstehenden Massendesaster zu erachten. Es ist unausweichlich, dass die islamische Welt vor dauerhaftem menschlichen, sozialen, religiösen und konfessionsabhängigen Spaltungen steht, wenn diese Ereignisse unvermindert eskalieren.

Die muslimische Identität steht über allen Konfessionszugehörigkeiten, Geisteshaltungen oder politischen Überlegungen. Es darf keiner Struktur gestattet werden, die islamische Bruderschaft und Einheit zu spalten. Gemäß dem Koran und der Sunna (Lehrsprüche und Handlungen des Propheten) sind das Leben, das Blut, der Reichtum und die Ehre der Menschen unantastbar. Das ungerechtfertigte Vergießen des Blutes einer Person wird von der Religion als größtes Verbrechen erachtet.

Keine Muslimische Gruppe, Fraktion oder Gemeinde darf ihr eigenes Religionsverständnis als Wahrheit erachten, sich andere religiöse Ansätze zum Feindbild machen, andere zu Ungläubigen erklären und sie zum Tod verurteilen. Das ist nicht hinnehmbar.

Gleichzeit kann kein Aufruf zum Dschihad einer Seite gegen die andere Seite akzeptiert werden. Denn der Koran und die Lehren und Handlungen des Propheten haben niemals einen Dschihad befohlen, in dessen Rahmen das Vergießen des Blutes eines Muslims durch einen anderen Muslim erlaubt wäre. Der größte Dschihad, den die Muslime heute erklären können, ist der radikale Dschihad gegen Ignoranz, Armut, Unterdrückung, Volksverhetzung und Zwietracht. Niemand kann neue Verbrechen im Namen eines Dschihads gegen Unterdrückung rechtfertigen.

Vertreter religiöser Einrichtungen und Organisationen in von heißen Konflikten betroffenen Regionen sollten zusammentreffen und versuchen, Initiativen zur Lösung der auf Religion und Moral basierenden Probleme zu finden, angefangen in Irak und Syrien. Eine Delegation aus Meinungsführern im Bereich Religion und Moral der islamischen Welt sollte eine Initiative starten, um die durch Sektiererei ausgelöste Polarisierung zu beenden. Analog dazu müssen auch die muslimischen Einrichtungen von internationalem Rang Verantwortung übernehmen. Das Präsidium für Religiöse Angelegenheiten der Türkei (Diyanet) wird ein solches Vorgehen zur Vereinigung der sunnitischen und schiitischen Gelehrten aus aller Welt gern führen.“

 

Welby Justin, Erzbischof von Canterbury

„Die entsetzlichen Ereignisse im Irak fordern erneut unsere Aufmerksamkeit und unsere Trauer. Christen und Angehörige anderer Religionen werden getötet und stehen vor furchtbarem Leid.

Was wir im Irak sehen ist eine brutale Verletzung des Rechts der Menschen auf Religions- und Glaubensfreiheit gemäß Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Es ist äußerst wichtig, Hilfsmaßnahmen zu unterstützen und den Vertriebenen Sicherheit zu bieten. Ich bin der Überzeugung, dass wie in Frankreich auch die Türen des Vereinigten Königreichs Flüchtlingen offen stehen sollten, so wie es im Verlauf der Geschichte immer war.

Die internationale Gemeinschaft muss Menschenrechtsverletzungen im Nordirak dokumentieren, so dass eine spätere Strafverfolgung möglich ist. Es ist wichtig und unumgänglich, dass die internationale Gemeinschaft die Kultur der Straflosigkeit bekämpft, die diese Grausamkeiten ermöglicht hat.“

 

Jawad al-Khoei, Leiter der Imam-Al-Khoei-Stiftung in Najaf

„Christen sind unsere Heimatbrüder, und es ist unsere Pflicht, alles zu tun, um sie vor Extremisten und Terroristen zu schützen. Unsere Städte und Häuser stehen ihnen offen. Es würde keinen religiösen Grenzen oder Abwehmaßnahmen geben, hätten sie den Wunsch, sich vorübergehend oder dauerhaft in Najaf niederzulassen.“

„Sie sind unsere Brüder in unserem Land und in der Menschlichkeit, und sie besitzen die gleichen Rechte wie alle Iraker.“

 

Iyad Ameen Madani, Generalsekretär der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC)

„Der Islamische Staat Irak und Sham (ISIS) begeht Verbrechen gegen unschuldige christliche irakische Bürger in Mossul in Niniveh, darunter auch mit Androhung der Hinrichtung erzwungene Deportationen, und er reißt damit das soziale Gefüge des irakischen Volks weiter auseinander. Vertreibungen sind ein nicht tolerierbares Verbrechen, und die Verhaltensweisen von ISIS haben nichts mit dem Islam und dessen Grundsätzen der Gerechtigkeit, Güte, Fairness, Glaubensfreiheit und Koexistenz zu tun.“

 

Bischof Mouneer, Bischof der Episkopalen / Anglikanischen Diözese Ägypten mit Nordafrika und dem Horn von Afrika sowie Vorsitzender Bischof der Episkopalen / Anglikanischen Provinz von Jerusalem und dem Nahen Osten

„Das Leid, die Verfolgung und die Vertreibung der irakischen Christen, insbesondere im Raum Mossul ist eine Schande für die internationale Gemeinschaft, die nicht genug tut, um die Bürger des Irak vor den terroristischen Angriffen von ISIS zu retten. Die Geschichte der chaldäischen Kirche im Irak geht bis ins erste Jahrhundert zurück, und die Vertreibung der Christen aus dem Irak ist ein großer Verlust für das irakische Volk. Ich rufe die irakische Regierung und die internationale Gemeinde auf, alles zu unternehmen, um diese terroristischen Verbrechen gegen Christen zu beenden, und ich appelliere an Al Azhar Al Sherif und die muslimischen Gelehrten im Nahen Osten, sich gegen die terroristischen Ideologien dieser Terroristen zu wenden, die auch unschuldige Muslime getötet haben.“

 

Scheich Mohammed Rashid Qabbani, Großmufti des Libanon

„Was mit den Christen im Irak geschieht, wird zur Vernichtung des Volkes führen, und sie dazu drängen, souveräne Staaten zu gründen.

Die Geschehnisse im Irak, die Vertreibung von irakischen Christen aus ihrer Heimat und ihren Häusern und Gemeinden, sie vor die Wahl zwischen Islam und Tod zu stellen, entspricht nicht den Lehren oder Verhaltensweisen des wahren Islams. Was derzeit in Mossul geschieht, ist nicht viel anders, als das, was in Gaza geschieht.“

 

Scheich Abdulaziz Al al-Sheikh, Großmufti von Saudi-Arabien

Alternativer Link (Arabisch)

„Extremisten und militante Ideen sowie Terrorismus, die Verderben auf der Erde verbreiten und die menschliche Zivilisation vernichten, sind in keiner Weise Teil des Islams, sondern der größte Fein des Islams, und Muslime sind ihre ersten Opfer.“

Ahmed al-Tayeb, Scheich al-Azhar Sharif

„Al-Azhar Sharif appelliert an alle Iraker und insbesondere an die Politiker, alle Interessen einzelner Parteien, Rassen oder Religionsgemeinschaften hinten anzustellen und unverzüglich einen neuen vereinbarten Mechanismus zu finden, um die Souveränität des Iraks und die Einheit des Landes zu verteidigen, den Irak vor Fundamentalismus in jeglicher Form zu bewahren und ihr Land vor Überfällen fremder Kräfte zu schützen.

Wir rufen sie alle an, den Rahmen des umfassenden politischen Prozesses im Irak aufrechtzuerhalten und die Souveränität und Einigkeit des Landes zu schützen, ausländische Eingriffe in irakische Angelegenheiten zu verhindern, niemanden am Einleiten eines politischen Prozesses zu hindern und keine Bitten ungehört zu lassen.“

 

Generalsekretariat der Vereinigung muslimischer Gelehrter im Irak

„Gepriesen sei Allah, und Friede und Segnungen mögen mit dem Botschafter Allahs, seiner Familie, seinen Gefährten und Verbündeten sein:

Uns haben Nachrichten erreicht, dass der Islamische Staat den irakischen Christen in Mossul den 21. Ramadan 1435 AH als Frist bis zur Vertreibung aus der Stadt gesetzt. Sie haben die Stadt bereits verlassen und somit gibt es dort keine Christen mehr, erstmals in der langen Geschichte des Islams, angefangen mit der Zeit der Botschaft, der Ära des Kalifats der Umayyaden, Abbasiden und Osmanen und der anderen islamischen und nicht islamischen Herrscher im Laufe der Geschichte.

Die Vereinigung sieht dies Maßnahme als Angriff auf die Unschuldigen, für den es keine Rechtfertigung gibt und der nicht dem rechten Weg gemäß den Empfehlungen des Propheten des Islams entspricht, den muslimische Juristen und andere Gelehrte der Heiligen Schrift nach Ihm erläutert haben.“

 

Erklärung eines Treffens der Patriarchen, Oberhäupter der christlichen Kirchen im Nahen Osten

„Christen in den Ländern des Nahen Osten leiden unter unbarmherziger Verfolgung, werden von Takfiri-Extremisten aus ihren Häusern geworfen und von ihrem Land vertrieben, während die internationale Gemeinschaft dazu schweigt.“

„Wir appellieren an die Arabische Liga, die Organisation der Islamischen Konferenz, den UN-Sicherheitsrat und den Internationalen Strafgerichtshof, rasch effektive und sofort wirksame Rettungsmaßnahmen einzuleiten. Wir fordern die Vereinten Nationen auf, einen robusten Entschluss zur Rückführung der Menschen in ihre Heimat mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln und in kürzester Zeit zu fassen.“

 

Erklärung der Oberhäupter der Kirchen in Jerusalem

„Wir, die Patriarchen und Oberhäupter der Kirchen in Jerusalem, sind entsetzt und schockiert angesichts der Verfolgung von Christen in Syrien und im Irak durch den sogenannten Islamischen Staat in Irak und Syrien (ISIS), der eine militante islamische Gruppe ist. Wir sind insbesondere beunruhigt aufgrund des schlechten Verhaltens gegenüber Christen im irakischen Mossul, die in den vergangenen 48 Stunden von ISIS aufgefordert wurden, ihre Häuser bis 12 Uhr am 19. Juli 2014 zu verlassen, oder ihren fanatischen Forderungen nachzukommen:  Übertritt zum Islam, Zahlung von Dschizya, einer Steuer für die nichtmuslimische Bevölkerung, oder Sterben.

Wir verurteilen dieses abscheuliche Verhalten auf das Schärfste und rufen alle Regierungen, Religionsoberhäupter und Menschen in der Region auf, derartige Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verurteilen. Wir rufen allen in Erinnerung, dass Vielfalt, Toleranz und harmonisches Zusammenleben seit Jahrhunderten bestimmend für das Leben im Nahen Osten waren und den Standard darstellen, mit dem wir gerechte Gesellschaften aufrechterhalten können. Darüber hinaus fordern wir alle dazu auf, die Würde jedes einzelnen Menschen zu respektieren, denn jede Person wurde nach Gottes Bild geschaffen“

 

Oberhäupter der philippinischen katholischen Kirche

(28. August 2014)  

Erzbischof Socrates Villegas, Vorsitzender der philippinischen Bischofskonferenz, bat die Kirchen am Donnerstag ebenfalls um die Sammlung von Spenden für Christen, die von Militanten vertrieben wurden und deren religiöse Stätten „einer gottlosen Wut, mit der sich wahre Religion niemals identifizieren kann,“ zum Opfer gefallen sind.

Villegas führte Taten der Gruppe „Islamischer Staat“ auf, unter anderem die Enthauptung des amerikanischen Journalisten James Foley, und sagte, dass die philippinische Kirche „ihren Beitrag leisten wird,... um der Entstellung der Religion entgegenzutreten.“

 

Erklärung des Päpstlichen Rates für den interreligiösen Dialog

„Die ganze Welt hat ungläubig verfolgt, was nun die „Wiederherstellung des Kalifats“ genannt wird, jenes Kalifats, das am 29. Oktober 1923 von Kemal Atatürk, dem Gründer der modernen Türkei, abgeschafft wurde. Dass die Mehrheit der muslimischen religiösen und politischen Einrichtungen diese „Wiederherstellung“ nicht anerkennen, hat nichts daran geändert, dass die Dschihadisten des „Islamischen Staates“ unsägliche Verbrechen begangen haben und weiterhin begehen. Dieser Päpstliche Rat, alle, die sich für den interreligiösen Dialog engagieren, die Gläubigen aller Religionen und die Männer und Frauen guten Willens, können diese menschenunwürdigen Praktiken nur in aller Deutlichkeit anprangern und verurteilen:

- die Ermordung von Menschen allein ihrer Religionszugehörigkeit wegen;

- die verabscheuungswürdige Praxis, Menschen zu enthaupten, zu kreuzigen und die Leichen an öffentlichen Plätzen aufzuhängen;

- der den Christen und den Jesiden auferlegte Zwang, sich zwischen der Konversion zum Islam, der Zahlung einer Steuer (Dschizya) oder dem Exil zu entscheiden;

- die gewaltsame Vertreibung Zehntausender, unter ihnen Kinder, alte Menschen, schwangere Frauen und Kranke;

- die Entführung von Mädchen und Frauen aus der jesidischen und der christlichen Gemeinschaft als Kriegsbeute (Sabaya);

- die zwangsweise Durchführung der barbarischen Praxis der Infibulation;

- die Zerstörung christlicher und muslimischer Kultstätten und Grabdenkmäler;

- die gewaltsame Besetzung oder Entweihung von Kirchen und Klöstern;

- die Entfernung von Kruzifixen und anderen Symbolen der christlichen und anderer Religionsgemeinschaften;

- die Zerstörung des unschätzbar wertvollen religiös-kulturellen christlichen Erbes;

- die gemeine Gewalt zu dem Zweck, die Menschen durch Terror zur Kapitulation oder Flucht zu zwingen.

Nichts, schon gar nicht eine Religion, könnte eine solche Barbarei rechtfertigen. Es handelt sich um ein äußerst schweres Vergehen gegen die Menschheit und gegen Gott, ihren Schöpfer, wie Papst Franziskus uns oft in Erinnerung gerufen hat. Man darf jedoch nicht vergessen, dass Christen und Muslime – auch wenn es Höhen und Tiefen gab – jahrhundertelang in der Lage waren, zusammenzuleben und eine Kultur des Miteinanders und eine Zivilisation aufzubauen, auf die sie stolz sind. Auf dieser Basis hat sich in den letzten Jahren im Übrigen auch der Dialog zwischen Christen und Muslimen fortgesetzt und vertieft. Die dramatische Situation der Christen, der Jesiden und anderer religiöser und ethnischer Gemeinschaften, die sich im Irak zahlenmäßig in der Minderheit befinden, verlangt eine klare und mutige Stellungnahme vonseiten insbesondere der muslimischen Religionsoberhäupter, all derer, die sich für den interreligiösen Dialog engagieren, und aller Menschen guten Willens.“

 

Lukman Hakim Saifuddin, indonesischer Minister für Religionsangelegenheiten 

(1. August 2014)  

Der indonesische Minister für Religionsangelegenheiten Lukman Hakim Saifuddin appellierte an die indonesischen Muslime, nicht den extremistischen Islamischen Staat in Irak und Syrien (ISIS) zu unterstützen.

Er warnte die Muslime seines Landes vor Unterstützungsaufrufen durch ISIS, und nannte die Gruppe eine radikale Bewegung, die mit gewaltsamen Mitteln einen islamischen Staat in Irak und Syrien aufbauen will.

In einer Pressemitteilung vom Freitag sagte er, dass die Unterstützung von ISIS der indonesischen Staatsideologie Pancasila widerspricht. Minister Lukman beschuldigte zudem ISIS-Anhänger in Indonesien, um Unterstützung zu werben und die Staatsideologie abzulehnen. „Zu sagen, dass Pancasila Thogut sei, oder heidnisch, und somit abzulehnen, ist eine Grenzüberschreitung,“ sagte Lukman.

Lukman rief alle muslimischen Geistlichen und Organisationen in Indonesien dazu auf, ihre Mitglieder zu einem Verständnis des Islam als rahmatan lil alamamin (eine Segnung für die Menschheit) zu führen, und er fügte hinzu, dass die Einheit der Nation bewahrt werden muss. „Die islamische Lehre sieht vor, alle Glaubensbekenntnisse einzuladen und mit Weisheit anzunehmen, nicht mit Terror und Gewalt,“ fügte der Minister hinzu, der Mitglied der moderat-islamischen Vereinigten Entwicklungspartei (PPP) ist.

 

Erklärung des Vatikans

„Die dramatische Situation, die unsere christlichen Brüder und Schwestern im Irak, aber auch die Jesiden und die Anhänger anderer religiöser und ethnischer Gemeinschaften erleben, erfordert eine klare und mutige Stellungnahme aller religiösen Verantwortungsträger, insbesondere der muslimischen Geistlichen, der am interreligiösen Dialog Beteiligten und aller Menschen guten Willens, um einstimmig und unzweideutig solche Verbrechen zu verurteilen und öffentlich die Praxis anzuklagen, sich zu deren Rechtfertigung auf die Religion zu berufen. Welche Glaubwürdigkeit haben die Religionen, ihre Anhänger und Häupter andernfalls? Welche Glaubwürdigkeit könnte der interreligiöse Dialog dann noch haben, der in den vergangenen Jahren gesucht wurde?“

 

Erklärung des Weltkirchenrats zur derzeitigen Lage in Mossul

„Der Weltkirchenrat verfolgt mit großer Sorge die tragischen Entwicklungen der Lage in Irak. Wir sind zutiefst geschockt und erschüttert angesichts der jüngsten Ereignisse in Mossul, wo Hunderttausende Menschen aus der zweitgrößten Stadt Iraks vor der Gewalt und den Raubzügen des „Islamischen Staats“ geflohen sind, der Terrorgruppe, die zuvor unter dem Namen „Islamischer Staat Irak und al-Sham“ (ISIS) bekannt war. Diese radikale Gruppe terrorisiert die gesamten Bevölkerung, und bedroht insbesondere Minderheiten wie die Christen, die nach mehreren Wellen der Vertreibung standhaft in der Stadt verblieben sind.

Unter den 500.000 Menschen, die Mossul und Umgebung verlassen haben, sind rund 10.000 Christen, die vertrieben wurden und in die benachbarten Kurdengebiete geflohen sind, sowie Tausende Angehörige anderer religiöser und ethnischer Minderheiten und viele Gegner des von ISIS aufgebauten Terrorregimes.

Glaubwürdige Medienberichte und andere Schilderungen, die von den Bischöfen in Mossul und aus den benachbarten Dörfern auf der Ebene von Niniveh bestätigen, dass sich in Mossul fast keine Christen mehr aufhalten. In dieser Stadt lebten seit den Anfängen des Christentums ununterbrochen Christen. Wir trauern außerdem mit denen, die ihre unschuldigen Geliebten während der Militäroffensive verloren haben, und beten für eine baldige Genesung der Verwundeten.“

 

Abschließendes Kommuniqué der Initiative islamischer Gelehrter zu Frieden, Mäßigung und Vernunft

„Alle Muslime sind angesichts der Schmerzen, Tränen, des Leids, der Gewalt und der Konflikte an vielen Orten der islamischen Welt, insbesondere in Bagdad und Damaskus, den historischen Städten der islamischen Zivilisation, zutiefst betroffen. Die derzeitigen Ereignisse zeigen, dass die gemeinsamen Werte unserer Zivilisation in der modernen Zeit erodiert sind, und dass die islamische Welt diese Werte in einer gemeinsame Anstrengung neu beleben muss. Denn es waren diese Werte unserer Zivilisation, die die Grundrechte für das Zusammenleben aller unabhängig vom Glauben des Einzelnen garantiert und ihren Fortbestand gewährleistet haben, weil alle Menschen die Kinder des Propheten Adams sind und alle die gleichen Rechte haben. Menschen dürfen nicht aufgrund ihrer Hautfarbe, ihres Geschlechts, ihrer Sprache oder Herkunft voneinander getrennt und diskriminiert werden. Es ist naturgegeben, dass Menschen in verschiedene Stämme, Sprachen und Farben unterteilt sind. So steht es in den Versen Allahs geschrieben, um sich gegenseitig kennenzulernen, Solidarität zu zeigen und am Wettstreit um gute Taten teilzunehmen. Diese Unterschiede als Vorwand für Vorherrschaft und Diskriminierung zu nutzen, entbehrt jeglicher religiösen, moralischen oder menschlichen Grundlage.

Alle Gläubigen sind Brüder und Schwestern. Es gibt keine Rechtfertigung für Muslime, sich gegenseitig Schaden zuzufügen, und kein Muslim kann ethnische, politische oder konfessionsbezogene Vorwände als Begründung für derartige Handlungen heranziehen. Keine religiöse oder soziopolitische Struktur darf an Maßnahmen zur Spaltung der islamischen Brüderlichkeit und der muslimischen Einheit beteiligt sein. Tatsächlich ist die islamische Identität die oberste Identität der Muslime, die allen anderen Identitäten übergeordnet ist. Diese Identität steht über allen politischen, gemeinde- oder konfessionsbezogenen Identitäten. Konfessionsbezogene, bekenntnisbezogene und andere religiöse Einheiten und Mitgliedschaften und alle Zugehörigkeiten sind untergeordnet und können nicht Vorrang vor der islamischen Identität haben.“