Ein Umzug in eine neue Stadt bringt zahlreiche Herausforderungen mit sich. Es ist nicht immer einfach, sich von der alten Umgebung zu verabschieden, sich von lieben Freundinnen und Wegbegleitern zu trennen und sich in einer neuen Region niederzulassen.
Zugleich bietet ein Umzug aber auch eine Reihe von Chancen für Neuanfänge, Wachstum und Beziehungen.
Anlässlich des Umzugs der KAICIID-Zentrale von Wien in ihr neues Domizil in Lissabon, Portugal, nutzten das Direktorium und enge Partner die Gelegenheit, über ihre Erfahrungen der letzten zehn Jahre zu reflektieren. Mit Blick auf die Feierlichkeiten zum 10-jährigen Bestehen von KAICIID im Herbst sprachen sie auch darüber, welche Hoffnungen sie für die Organisation in den kommenden Jahren haben, die ihre Arbeit in einer neuen Stadt fortsetzt.
Sie tauschten sich über ihre Erwartungen für KAICIID nach seiner Eröffnung in Lissabon aus. Thema waren aber auch die Lehren aus den ersten Jahren in Wien, die Relevanz der Organisation und die anhaltende Notwendigkeit des Dialogs in Anbetracht der aktuellen Probleme der internationalen Gemeinschaft.
Bei der Feier zum Ende der Zeit von KAICIID an seinem geschätzten Sitz in Wien bemerkte Heinz Fischer, ehemaliger Bundespräsident Österreichs, dass die österreichische Hauptstadt ein passender Ort für das erste Jahrzehnt der Arbeit von KAICIID gewesen sei.
„Als neutrales Land ist Österreich seit jeher offen und interessiert an Dialog. Wien ist Sitz mehrerer internationaler, zwischenstaatlicher Institutionen“, betonte Fischer.
Er habe die Idee, KAICIID in Österreich zu beherbergen, von Anfang an unterstützt und sei sehr zufrieden mit der „Bereicherung“, die die Organisation im Laufe der Jahre für Wien und sein Umland gewesen ist.
Über die Grenzen Österreichs hinaus verwies Fischer auf die internationale Arbeit von KAICIID und die wertvollen Beiträge, die die Organisation zur Konfliktlösung und zur Schaffung von Frieden auf der ganzen Welt leistet.
Seine Tugend Allahshukur Pashazade, Mitglied des KAICIID-Direktoriums und derzeitiger Vorsitzender der Verwaltung der Muslime des Kaukasus, sagte, er sei stolz darauf, während der Jahre in Wien für eine so ehrenwerte Organisation tätig gewesen zu sein. Er hob hervor, dass die Mission von KAICIID, „Freundschaft zu fördern und der Aufforderung zu Hass ein Ende zu setzen“, sich nicht nur auf Europa, sondern auch auf Afrika und Asien erstreckt und „die menschliche Solidarität in verschiedenen Bereichen fördert“.
Tarafa Baghajati, ein österreichischer muslimischer Aktivist, bezeichnete Wien als geeigneten Ort für KAICIID, um Gespräche und Initiativen zu institutionalisieren, zu erweitern und zu unterstützen, die in seinem genannten Tätigkeitsbereich bereits in Gang waren. „Es war wichtig, einen Platz zu haben, um Menschen zusammenzubringen“, bemerkte er. Zehn Jahre lang diente Wien als besondere Drehscheibe für ehrgeizige Projekte, um Unterstützung zu erhalten und einen sicheren Raum für die Entwicklung von Ideen zu bieten.
Zu den innovativen Initiativen und maßgeblichen Beiträgen zur Konfliktlösung und zum Frieden gehörte das KAICIID Fellows-Programm, das seit 2015, dem Jahr seiner Gründung, 515 junge dialogorientierte Persönlichkeiten aus 75 verschiedenen Ländern hervorgebracht hat.
Mehrere Mitglieder des Direktoriums meinten, man habe in der Vergangenheit bei interreligiösen Veranstaltungen immer die gleichen Gesichter gesehen, aber KAICIID habe dazu beigetragen, dass es nun zahlreiche junge Menschen gebe, die die nächste Generation von Dialogpraktikerinnen und -praktikern und Führungskräften sein werden.
Baghajati wies auch auf den Muslim Jewish Leadership Council (MJLC) hin. Dieser einzigartige Zusammenschluss besteht aus Imamen, Rabbinern und anderen Führungspersönlichkeiten aus den muslimischen und jüdischen Gemeinschaften in Europa.
Auch wenn er Wien für die Gastfreundschaft gegenüber KAICIID dankbar sei, könne die Arbeit des Dialogzentrums an einem neuen Standort nur gestärkt werden. „Ich wünsche KAICIID viel Erfolg in Lissabon. Möge es noch mehr als bisher wachsen und gedeihen“, sagte er.
Dass KAICIID in seiner neuen Heimat aufblüht, ist vielleicht sogar noch wichtiger als je zuvor, so Direktoriumsmitglied Dr. Kezevino Aram.
Aram, Direktorin des Shanti Ashram in Combiatore, Indien, erklärte, die Welt ist mit einem „Zusammentreffen von Krisen“ konfrontiert, darunter eine Krise der öffentlichen Gesundheit, eine Krise der Lebenshaltungskosten und eine drohende Nahrungsmittelkrise.
„Mitten in dieser Situation ist es wichtig, über die grundlegende Bedeutung der Menschenwürde zu sprechen. Um die Würde des Menschen zu gewährleisten, müssen wir gemeinsam handeln. Wir können andere bei dieser Arbeit nicht ausschließen, respektlos behandeln oder ausgrenzen“, betonte sie.
KAICIID hilft, Regierungen, NGOs und Stimmen aus der Zivilgesellschaft zusammenzubringen, um diese sich überschneidenden Probleme zu bewältigen“, so Aram. Mit dem Umzug nach Lissabon müsse diese Art der Tätigkeit nicht nur ausgeweitet, sondern auch vertieft werden.
Rabbiner Schlomo Hofmeister, seit dem Jahr 2008 Gemeinderabbiner von Wien, unterstrich diese Aussagen. „Bei all den Herausforderungen und Konflikten, mit denen wir auf unserem Planeten konfrontiert sind, erfüllen Organisationen und Initiativen wie KAICIID eine sehr wichtige Aufgabe.“
„Je mehr Herausforderungen wir uns stellen müssen, desto mehr werden wir Organisationen wie KAICIID brauchen, um Vorurteile abzubauen und die Gräben zwischen den Kulturen zu überwinden“, erklärte er.
Wie Aram und Hofmeister bestätigte auch Dr. Mohammad Sammak: „Die Menschheit verändert sich. KAICIID spielt eine wichtige Rolle, damit die Menschen einander besser kennenlernen, besser zusammenarbeiten und Missverständnisse vermeiden können, auch wenn wir unterschiedliche Ansätze für menschliche Beziehungen entwickeln.“
Lissabon, so KAICIID-Direktoriumsmitglied Dr. Mohammed Sammak, sei der richtige Ort für diese Arbeit. Das Dialogzentrum müsse seine Mission nicht ändern, wenn es seinen Sitz verlagere. „KAICIID ist KAICIID, die Botschaft bleibt dieselbe.“
„Der Ortswechsel ändert nichts an den Grundsätzen, die wir verfolgen. Es ist nur eine neue Gelegenheit, die Botschaft der gemeinsamen Liebe, des Respekts und der Zusammenarbeit von einem anderen Ort aus weiterzugeben.“
KAICIID wird nicht nur seine bisherige Arbeit fortsetzen, so Oberrabbiner David Rosen, sondern hat auch die Möglichkeit, in seinem neuen Zuhause zu wachsen und zu expandieren.
„Ich erwarte für die Zukunft von KAICIID in Lissabon, dass wir von der ersten Stunde an weitermachen“, sagte das Direktoriumsmitglied des Dialogzentrums und Internationaler Direktor für interreligiöse Angelegenheiten des American Jewish Committee. „KAICIID wird in Lissabon aufblühen und ein noch größerer Gewinn für die Welt werden. Ein Segen für die Menschheit.“
Wien war die Heimat des Dialogzentrums in seinen Anfangsjahren, mit all seinen Schwierigkeiten, Kinderkrankheiten und Wachstumsjahren, so Rosen. „Jetzt ist das Baby nicht mehr länger ein Baby, es kann nun selbständig gehen.“
KAIICID habe schon bisher einen bemerkenswerten Beitrag zur Förderung des Dialogs geleistet, so der Rabbiner. Dies sei der Tatsache geschuldet, dass es keine andere zwischenstaatliche Organisation wie diese gebe.
Die Zeit in Wien habe der Organisation ein Profil verliehen, Macht und Reichweite verschafft, die wirklich einmalig seien, so Rosen.
„Wir müssen dieses Potenzial erst noch richtig ausschöpfen“, meinte er.
Rosen glaubt, dass der Neubeginn in einem anderen Land ein unglaubliches Geschenk für KAICIID und für die Welt ist.
„Der Umzug an einen neuen Standort gibt einem die Möglichkeit, in Bereichen neu anzufangen, in denen man in der Vergangenheit vielleicht nicht so produktiv gewesen ist. Es ist ein konstruktiver Moment für KAICIID“, so Rosen. „Jetzt, mit unserem Umzug nach Lissabon, kann die Religion vielleicht eine noch größere Rolle für das gegenseitige Verständnis zwischen den Menschen in der Welt spielen.“
Seine Eminenz Metropolit Emmanuel von Frankreich stimmte Rosen zu und sagte, dass die Herausforderungen, mit denen KAICIID in Wien konfrontiert war, dazu beigetragen haben, die Organisation auf ihre neuen und wichtigen Aufgaben in Lissabon vorzubereiten. „Trotz der Schwierigkeiten müssen wir unser Engagement für den Dialog fortsetzen. Wenn man vor Herausforderungen steht, darf man nicht aufgeben. Das ist die Lektion, die wir in Österreich gelernt haben.“
„Der interreligiöse Dialog, den wir in Wien begonnen haben, muss fortgesetzt werden. Wir müssen mehr Menschen um uns versammeln, um auch die Jugend zu erreichen. Um eine Zukunft vorzubereiten und frische Ideen einzubringen“, führte er aus.
„KAICIID ist vor allem eine Idee. Eine Idee mit einem praktischen Aspekt: dem Dialog“, betonte Metropolit Emmanuel. „Die Idee – und die Praxis – des Dialogs wird nicht sterben, sondern fortbestehen. Der Standort ist nicht das Thema.“