Nigerianische Politikerinnen und Politiker, religiöse Führerinnen und Führer und traditionelle Machthaber riefen bei einer Veranstaltung des von KAICIID unterstützten Interreligiösen Dialogforums für Frieden (IDFP) zu Ruhe vor einer möglicherweise turbulenten Wahlkampfzeit auf.
Vor den Parlamentswahlen im nächsten Jahr, die für Februar 2023 angesetzt sind, besteht ein erhöhtes Risiko von Unsicherheit und Gewalt, erfuhren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der vierten jährlichen Generalversammlung des IDFP letzte Woche in Abuja, Nigeria.
Das Land hat weiterhin mit den Folgen der COVID-19-Pandemie zu kämpfen. Da die Wahlen näher rücken, müssen die religiösen und traditionellen Führerinnen und Führer ihre Bemühungen zur Förderung des interreligiösen Dialogs und des Verständnisses als Mittel zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung einer Kultur des Friedens verstärken. Diese Botschaft der Solidarität wurde den fast zweihundert Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Veranstaltung vermittelt, die die beiden Hauptreligionen des Landes – Islam und Christentum – vertraten und aus Gemeinden in ganz Nigeria kamen.
Das Interreligiöse Dialogforum für Frieden (IDFP) ist ein Netzwerk aus religiösen Führerinnen und Führern, politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern sowie Akteurinnen und Akteuren aus der Zivilgesellschaft. Die Generalversammlung und Friedenskonferenz in der vergangenen Woche war das erste Mal, dass das IDFP seit Beginn der Pandemie vollständig zusammengekommen ist.
Nigeria hat, wie die meisten Länder auf der ganzen Welt, mehrere Wellen von Coronavirus-Ausbrüchen erlebt, die jeweils die historisch tiefen Gräben zwischen den Gemeinschaften und Religionen verschärft haben. Lockdowns haben zu Problemen hinsichtlich der Lebensmittelsicherheit, Schulschließungen, verschärftem Konkurrenzdenken um Ressourcen und in einigen Fällen zum Aufflammen tödlicher Gewalt geführt.
Die Pandemie hat jedoch auch den Stellenwert von Zusammenarbeit und Solidarität in Nigeria unterstrichen. Diesen Punkt thematisierte Dr. Kezevino Aram, Mitglied des KAICIID-Direktoriums.
„Die Pandemie hat uns daran erinnert, wie wichtig es ist, gemeinsam nachzudenken und in Fragen der öffentlichen Gesundheit, der Konfliktlösung und der Umwelt zusammenzuarbeiten“, sagte Dr. Aram auf der Konferenz. „Das Fehlen eines friedlichen Umfelds hemmt die Dynamik der Entwicklung, die es den Menschen ermöglicht, sich zu entfalten“, führte sie aus.
Das Coronavirus hat die konfessionellen Unruhen in Nigeria verschärft, doch die Spaltung des Landes bestand schon lange vor der Pandemie. In mehr als zwei Dritteln der Bundesstaaten und föderalen Gebiete des Landes gibt es derzeit verschiedene Formen von Gewalt. Diese reichen von Entführungen und Raubüberfallen über religiösen Extremismus und Terror bis hin zu separatistischen Bewegungen und einem langwierigen Konflikt zwischen Viehzüchtern und Bauern.
Politische Spannungen im Vorfeld der Parlamentswahlen im Jahr 2023 könnten diese Konflikte weiter verschärfen, hieß es auf der Konferenz. Deshalb müssen sich religiöse Gruppen für Frieden einsetzen. Religiöse Führerinnen und Führer spielen eine wichtige Rolle bei der Sicherstellung eines friedlichen Wahlprozesses, da sie über die einzigartige Fähigkeit verfügen, ihre Anhängerschaft von Gewalt abzuhalten, waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Konferenz einig.
„Traditionelle und religiöse Organisationen müssen in all ihren Predigten, Lehren und Versammlungen für den Frieden eintreten, sensibilisieren und mobilisieren“, sagte Dr. Bakut Tswah Bakut, der Generaldirektor des nigerianischen Instituts für Frieden und Konfliktlösung (IPCR).
Die Co-Vorsitzenden des IDFP, Alhaji Ishaq Kunle Sanni und Bischof Dr. Sunday Onuoha, schlossen sich dieser Botschaft an und warnten, dass Prediger, die sich weigern, sich für Frieden auszusprechen, das nigerianische Volk im Stich lassen würden. Ebenso beschloss die Generalversammlung, dass die politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger Mechanismen einrichten sollten, um ein menschlicheres und friedlicheres Land „ohne ethnisch-religiöse Ressentiments“ zu schaffen.
Auf der Konferenz wurden auch Erklärungen abgegeben, wie wichtig es ist, junge Menschen und Frauen zu befähigen, sich für Frieden, politischen Wandel und nachhaltige Entwicklung einzusetzen. In Bezug auf junge Menschen wurden die religiösen Persönlichkeiten aufgefordert, die nigerianische Jugend zu einem friedlichen Dialog und zur Ablehnung von Hassrede zu ermutigen.
„Das Land ist sehr stark entlang ethnischer und religiöser Linien gespalten“, sagte Professor Usman Yusuf, ehemaliger Generalsekretär der Nigerianischen Nationalen Krankenversicherung. „Die unsichere Jugend ist einer Mischung aus ethnisch-religiösem Gift ausgesetzt, die meist von gescheiterten Politikerinnen und Politikern kommt“, fügte er hinzu.
Frauen spielen eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der nächsten Generation nigerianischer Führungspersönlichkeiten – und damit bei der Sicherung der friedlichen Zukunft des Landes, sagte Pastorin Uzoaku Juliana Williams.
„Frauen sind ein wesentlicher Bestandteil der Nation. Am wichtigsten ist, dass wir Erzieherinnen sind, wir erziehen unsere Kinder“, so Pastorin Williams. „Wenn es darum geht, gegenseitiges Verständnis und interreligiöse Beziehungen in Nigeria zu fördern, spielen Frauen eine Schlüsselrolle, indem sie unsere Kinder über Recht und Unrecht aufklären.“