Vergangene Woche kamen die europäischen KAICIID Fellows des Jahres 2021 zu ihrer zweiten Trainingsreihe am Sitz des Dialogzentrums in Wien und auch virtuell zusammen. Während der siebentägigen Veranstaltung erhielten die Fellows ein Training in Dialog für Fortgeschrittene, besuchten religiöse Stätten und trafen Vorbereitungen für ihre eigenen interreligiösen Dialogprojekte.
Die diesjährige Kohorte umfasst 20 religiöse Führinnen und Führer, Lehrkräfte und Fachleute aus 13 europäischen Ländern. Zu der Gruppe gehören Vertreterinnen und Vertreter des Buddhismus, des Christentums, des Hinduismus, des Islams und des Judentums. Bei der Zusammenkunft in der vergangenen Woche traf sich die Gruppe zum ersten Mal persönlich, da frühere Schulungen aufgrund der COVID-19-Pandemie nur virtuell stattfinden konnten.
In sechzehn Trainingseinheiten absolvierten die Fellows Kurse zu den Grundprinzipien des interreligiösen Dialogs, zu Wahrnehmungen und Fehlwahrnehmungen des Dialogs, zu verschiedenen Modellen der interkulturellen Kommunikation, zur Bedeutung des politischen Engagements, zur Rolle religiöser Führerinnen und Führer bei der Friedenskonsolidierung und zur Rolle des Dialogs bei der Förderung des Rechts auf Religions- und Glaubensfreiheit. Jede Sitzung wurde von einer Expertin oder einem Experten auf dem Gebiet des interreligiösen Dialogs geleitet.
Die Fellows hatten auch die Möglichkeit, drei verschiedene Gotteshäuser zu besuchen: das Islamische Zentrum Wien, die Wiener Christuskirche und den Stadttempel, eine der Synagogen Wiens. Diese Exkursionen ermöglichten es den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, sich untereinander zu vernetzen, ein Verständnis für die pädagogische Bedeutung des Besuchs religiöser Stätten zu entwickeln und über die Werte und Gemeinsamkeiten der verschiedenen Religionen zu diskutieren.
„Die Schulungen der letzten Woche waren eine Gelegenheit, Menschen zu treffen, die ich sonst nicht kennengelernt hätte – Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Religionsgemeinschaften und anderer Organisationen“, berichtet Arijana Aganovic, Menschenrechtsexpertin aus Bosnien. „Ich konnte mein Netzwerk an Menschen, die im Bereich des interreligiösen Dialogs und religiöser Rechte arbeiten, erweitern.“
In einer Sitzung ging es darum, wie sich Identität und Wahrnehmung auf interkulturelle Beziehungen auswirken. Die Fellows wurden über die Ursprünge von Vorurteilen und Diskriminierung aufgeklärt und erhielten praktische Ratschläge, wie sie gegenseitiges Verständnis fördern können. Dazu gehört, dass man lernt, zuzuhören, sich seiner eigenen Annahmen bewusst zu werden, bei Begegnungen mit neuen Menschen eigene Vorstellungen und Vorurteile beiseite zu lassen und die Konsequenzen seines Verhaltens zu hinterfragen.
Die Fellows lernten auch über die Bedeutung sicherer Räume. Was sind physische, emotionale, kognitive, kulturelle und spirituelle sichere Räume und wie schafft man sie am besten? Mit diesen Kenntnissen sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer besser gerüstet, um Interaktion zwischen Menschen aus unterschiedlichen Glaubensrichtungen und kulturellen Hintergründen zu erleichtern.
„Das Training hat mir geholfen zu verstehen, welche Rolle die religiöse Identität für viele Menschen spielt. Dass es wichtig ist, die Religion als positives Instrument zu nutzen, um das Verständnis zu erhöhen und dass Religion helfen kann, um Gläubige zu motivieren, sich mehr für menschliche und universelle Werte in der Gesellschaft einzusetzen“, sagt Skender Brucai, einer der Fellows und Religionswissenschaftler am Universitätsinstitut Beder in Albanien.
Nach Abschluss der zweiten Schulungsrunde – die erste fand Anfang des Jahres in Form virtueller Sitzungen statt – werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Europäischen Fellows-Programms ihre neu erworbenen Fähigkeiten in den Bereichen Dialogvermittlung, interkulturelle Kommunikation und Förderung des sozialen Zusammenhalts in ihren Heimatländern unter Beweis stellen.
Sie werden dieses Fachwissen nutzen, um Initiativen umzusetzen, die sich mit interreligiösen Herausforderungen befassen, mit denen lokale Gemeinschaften konfrontiert sind. Zu den bisherigen Programmen der Fellows gehörten interreligiöse Jugendprojekte, interreligiöses und interkulturelles Dialogtraining für junge Führungskräfte, Sensibilisierungskampagnen gegen Hassrede und Veranstaltungen zur Stärkung der Rolle von Frauen in der Politik.
„Ich werde versuchen, zuerst meine Gemeinde zu informieren und dann auf die lokalen Behörden zugehen. Ich will meine Erfahrungen weitergeben und den Nutzen des Dialogs zwischen verschiedenen religiösen Gruppen zum Ausdruck bringen“, erklärt Pandit Juan Carlos Chellaram aus Spanien, als er über den Wert dessen nachdachte, was er in der letzten Woche gelernt hatte.
„Jetzt habe ich eine Bescheinigung des KAICIID Fellows-Programms, das ein angesehenes Programm einer renommierten Organisation ist. Das ist nun wie eine Visitenkarte für mich“, fügt er hinzu.
In den kommenden Wochen werden die Fellows ihre Vorschläge für die eigenen Dialoginitiativen fertigstellen und mit der Projektumsetzung beginnen. Dies kann mehrere Monate dauern und wird durch finanzielle Zuschüsse von KAICIID unterstützt. Am Ende des Jahres, wenn die verschiedenen Projekte begonnen haben, werden die Fellows das Ausbildungsprogramm abschließen.