Als Margaret Hoffman im letzten Frühjahr verstarb, wurden ihre sterblichen Überreste von Kalifornien in ihre Heimatstadt in Wisconsin überstellt und in einem Grab beigesetzt, das sie sich vor Jahren ausgesucht hatte. Es gab eine kurze christliche Zeremonie und die Anwesenden sangen auf ihren Wunsch hin das Lied "The Old Rugged Cross". In vielerlei Hinsicht verlief alles genau nach Plan.
Eine Sache, die Hoffman jedoch nicht vorhersehen konnte, war, dass ihre Beerdigung während einer weltweiten Pandemie stattfinden würde. Das hinderte die meisten ihrer Familienmitglieder, abgesehen von ein paar entfernten Cousins, an der Beerdigung teilzunehmen.
Das Coronavirus hat nicht nur das Leben von Millionen Menschen gefordert, sondern auch Beerdigungsrituale wie das von Hoffman in allen Glaubensrichtungen verändert. Religiöse Akteurinnen und Akteure waren gefordert, Kreativität und Mitgefühl einzusetzen, als es um Trauerbegleitung und die Reaktion auf die Krise ging.
Vor diesem Hintergrund haben zwei ehemalige KAICIID Fellows – Rabbinerin Naomi Kalish in den USA und der Ehrwürdige Swami Athmadas Yami Dharmapaksha in Indien – Hilfsprojekte ins Leben gerufen. Diese sollen Menschen an vorderster Front unterstützen und die Kranken und Sterbenden während der Pandemie versorgen.
Ihre Projekte, die durch finanzielle Mittel von KAICIID unterstützt wurden, haben geholfen, dringend benötigten Trost zu spenden und zukünftige Konflikte zu verhindern.
Seelsorge und Trauerbegleitung
Als Koordinatorin für Seelsorge und Bildung am New York Presbyterian Hospital/Morgan Stanley Children's Hospital weiß Kalish, wie spirituelle Unterstützung und Mitgefühl Trauer lindern und Spannungen zwischen den Gemeinschaften abbauen können.
„Wenn man sich mit menschlichem Leid auseinandersetzt, können menschliche Konflikte transformiert werden“, erklärt sie. Dies ist besonders wertvoll in Krisensituationen, in denen es „wichtig ist, dass religiöse Führerinnen und Führer eingreifen und sich einsetzen“.
In solchen Situationen „haben religiöse Persönlichkeiten die Möglichkeit, eine moralische Stimme für die Menschheit zu sein und eine bestimmte Art von Hoffnung zu verkörpern, die über religiöse, kulturelle, nationale und ethnische Unterschiede hinausgeht“.
In ihrer neuen Rolle als Direktorin des Harold und Carol Wolfe Zentrums für pastorale Bildung am Jüdischen Theologischen Seminar in New York City, sieht sie jetzt, wie COVID-19 das Gesundheitspersonal an vorderster Front in äußerste psychische Bedrängnis bringt.
Neben Hoffnung und Hilfe können „Religion und Spiritualität in Krisenzeiten Widerstandskraft vermitteln“, so Kalish. Seelsorgerinnen und Seelsorger im Gesundheitswesen können den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die mit dem Ausmaß des Virus überfordert sind, geistliche Betreuung und Trauerbegleitung anbieten.
Kalish schlug daher vor, eine multireligiöse Bibliothek mit Ressourcen über interreligiösen Dialog und Seelsorge für Geistliche, Studierende, Angestellte im Gesundheitswesen und die allgemeine Öffentlichkeit aufzubauen. Außerdem plant Kalish mit Unterstützung von KAICIID Online-Schulungen für Fachkräfte im Gesundheitswesen durchzuführen. Deren Thema soll die Betreuung von Patientinnen und Patienten mit unterschiedlichem religiösem Hintergrund sein.
Vor allem hofft sie, dass die Ressourcen Geistlichen, Freiwilligen und Menschen an vorderster Front helfen werden, „sich besser in die Erfahrungen anderer hineinzuversetzen“, wenn sie sich in einer Krise befinden.
Katastrophen- und Krisenseelsorge
Reverend Dr. Willard Ashley, Psychoanalytiker und Spezialist für Katastrophenhilfe, stimmt zu, dass religiöse Persönlichkeiten bei Krisen im öffentlichen Gesundheitswesen von großer Bedeutung sind. Ashley wurde vom KAICIID Fellows Alumni-Netzwerk eingeladen, eine Online-Sitzung zum Thema Katastrophenhilfe für diejenigen anzubieten, die an vorderster Front während der globalen Pandemie stehen.
Ashley spricht von der Wichtigkeit, dass sich Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegepersonal um die medizinische Krise kümmern. Doch religiöse Persönlichkeiten können dem medizinischen Personal zur Seite stehen, um auf Ängste einzugehen und die Betroffenen zu beschwichtigen. Das medizinische Personal hat dafür womöglich keine Kapazitäten.
„Wir haben die Verantwortung, zu recherchieren, um Fakten von Fiktion zu trennen. Nur so können wir inmitten der Angst und des Umbruchs eine zuverlässige Quelle der Information sein. Bei jeder Katastrophe gibt es immer Gerüchte und die Wahrheit wird verzerrt. Es ist also Teil der Aufgabe von religiösen Führerinnen und Führern, einen gesunden Sinn für Realität in die Situation zu bringen“, so Ashley.
Er fügt hinzu, dass dies während der gesamten Coronaviruskrise wichtig war. Doch jetzt, da die Welt in die, wie er es nennt, "Impfphase" der Pandemie eintritt, ist es noch viel wichtiger.
„Die Menschen werden religiöse Persönlichkeiten fragen, 'Soll ich mich impfen lassen?'. Sie werden nicht immer zuerst ihre Ärztin fragen. Manchmal werden sie uns mehr vertrauen, wir können auf ihre Ängste eingehen und in schwierigen Zeiten für sie da sein.“
Es ist auch wichtig, dass „religiöse Führungskräfte als Organisatoren der Gesellschaft agieren“. Das beginne damit, dass sie „aus ihren Büros herauskommen“, um Vertrauen und Legitimität aufzubauen.
„Wir müssen mehr rausgehen, um andere Menschen zu treffen und uns zu vernetzen – über politische, soziale, ethnische und religiöse Grenzen hinweg.“
Trauerfeierlichkeiten während der Coronaviruskrise
In Kerala hat KAICIID Fellow Swami Athmadas Yami seine eigenen interreligiösen Netzwerke genutzt, um das von KAICIID unterstützte Projekt "Würdevolle Beerdigungen" zu gründen. Dabei sollen religiöse Führungspersönlichkeiten darin ausbildet werden, Trauerfeiern sowohl für COVID-19-Opfer als auch im Allgemeinen durchzuführen.
Als die Pandemie in Kerala zuschlug, wurden die Gotteshäuser geschlossen und wichtige religiöse Rituale abgesagt. Am schmerzlichsten war laut Yami, dass „den Toten oft kein anständiges und würdevolles Begräbnis zuteilwurde“.
Als religiöse Persönlichkeiten die Situation diskutierten, nutzte Yami seine Rolle als Leiter des multireligiösen Instituts "Samanwaya Giri" (Hügel der Integration), um einen Weg für die Zukunft auszuarbeiten.
Im Rahmen seines Projekts wurden hinduistische, islamische und christliche Geistliche in interreligiösem Dialog geschult. Um einander unterstützen zu können, wurden sie mit der Theologie, Philosophie und den Ritualen der einzelnen Glaubensrichtungen vertraut gemacht. Außerdem wurden sie von Fachleuten aus dem Gesundheitswesen über sichere Bestattungspraktiken informiert.
„Das half den Geistlichen, Rituale und Bräuche entsprechend der Situation zu gestalten.“
Laut Yami übertraf das Projekt die Erwartungen, da die Religionsgemeinschaften für wichtige Lösungen zur Unterstützung bei Trauer und Verlust kooperierten. Besser noch: „Keiner der Geistlichen und des Gesundheitspersonals wurde krank oder hatte gesundheitliche Probleme. Der ganze Prozess hat eine intensive Diskussion über interreligiöse Initiativen angestoßen.“
Mit Blick auf die Zukunft glaubt Yami, dass die religiösen Führungskräfte in seiner Gemeinde besser darauf vorbereitet sind, globale Krisen sowie Tod und Leid zu thematisieren. Sie sorgen für Verständnis und ein starkes, gemeinschaftliches Gefühl der Unterstützung. „Wir können nun alle zusammen für das Gemeinwohl eintreten, sowohl in schwierigen als auch in besseren Zeiten.“