Alle zwei Wochen lädt Ko Bobby, ein buddhistischer Wissenschaftler und Autor, eine Gruppe bekannter Religionsgelehrter, Autorinnen und Autoren sowie Pädagoginnen und Pädagogen in ein Fernsehstudio in Rangun, Myanmar, ein. Eine Stunde lang diskutieren die Gäste in einer Sendung mit dem Titel „Der Weg zu Harmonie und Friede“ darüber, wie man Hassrede bekämpfen und interreligiöses Verständnis fördern kann.
„Wir müssen eine breite Mehrheit der Öffentlichkeit dafür gewinnen, andere Menschen zu sensibilisieren und von Hassrede Abstand zu nehmen“, so Bobby, der als Programmdirektor fungiert. Er ist auch Mitbegründer von Safety Net, einer Organisation, die mit einflussreichen buddhistischen Mönchen und Gelehrten zusammenarbeitet, um Hass in der buddhistischen Gesellschaft entgegenzuwirken und gleichzeitig inklusiven Dialog zu fördern. „Wir müssen auch mit denjenigen, die den Hass fördern, echten Dialog führen, um ihre Ansichten zu ändern.“
In den fünf Monaten seit der Erstausstrahlung mit rund 600.000 Zuschauerinnen und Zuschauern hat sich „Der Weg zu Harmonie und Friede“ als Erfolg erwiesen und soll auf vielfachen Wunsch nun wöchentlich gesendet werden. Bobby meint, dass das Dialogprogramm auch mehr Kommentare auf der Facebook-Seite des TV-Senders Mizzimi erhalten hat als jede andere Sendung. In den letzten Episoden wurde unter anderem über Religion, Politik und Wahlen, die Gleichstellung der Geschlechter und die Überwindung von Diskriminierung in Literatur und Kunst diskutiert.
Die Fernsehsendung wurde vom Internationalen Dialogzentrum (KAICIID) finanziell unterstützt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentrums waren zu Themen und Gästen der Sendung beratend tätig. „Ich möchte KAICIID für sein Engagement zur Unterstützung unserer Arbeit danken. Es ermöglicht uns wirklich, auf innovative Art und Weise effektiv zu arbeiten, um Menschen zu helfen, sich nicht von Hass beeinflussen zu lassen“, so Bobby.
„Der Weg zu Harmonie und Friede“ wird auf dem frei empfangbaren Fernsehkanal Mizzima TV ausgestrahlt und kann auch live auf der Facebook-Seite von Mizzima angesehen werden. Die Sendung stellt eine wichtige Entwicklung in einem Land dar, in dem sektiererische Gewalt gegen Minderheiten aus weit verbreiteten Hassrede-Kampagnen resultierte, die durch Gerüchte und Falschinformationen in sozialen Medien angeheizt wurden, so ein Bericht des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte.
Hassrede thematisieren, um Gewalt zu beenden
Im Aktionsplan der Vereinten Nationen zu Hassrede wurde festgehalten, dass diese eine grundlegende Bedrohung für gesellschaftliche Werte und Menschenrechte darstellt. KAICIID ist sich bewusst, dass es von großer Bedeutung ist, bewaffnete Konflikte, Gräueltaten und Terrorismus zu verhindern und Gewalt gegen Frauen und Randgruppen zu beenden.
„Der Weg zu Harmonie und Friede“ ist nur eines von hunderten Programmen und sozialen Medienkampagnen, die von KAICIID unterstützt werden, um den Aufruf der Vereinten Nationen zu unterstützen, der das Ende von Hassrede und die Förderung der interreligiösen Zusammenarbeit fordert.
Die finanziellen Zuschüsse des Zentrums unterstützen auch Initiativen an der Basis, die Hassrede entgegenwirken, vor allem in der arabischen Region, der Zentralafrikanischen Republik (ZAR), Europa, Nigeria und Myanmar.
Die Projekte sind Teil von KAICIIDs langjährigen Bemühungen zur Bekämpfung von Online-Hassrede. Bei der eindrücklichen Konferenz "Gemeinsam gegen Gewalt im Namen der Religion" im Jahr 2014 prangerten führende Politikerinnen und Politiker aus 40 Ländern Unterdrückung, Marginalisierung, Verfolgung und Tötung von Menschen im Namen der Religion an.
Ein Großteil der Projekte hat sich auf den arabischen Raum konzentriert. Seit dem Jahr 2015 hat das KAICIID-Programm „Soziale Medien als Raum für Dialog“ mehr als 700 junge Führungspersönlichkeiten darin geschult, Online-Hassrede und Extremismus zu bekämpfen und gleichzeitig die Integration zu fördern. Während der COVID-19-Pandemie haben die Absolventinnen und Absolventen des Programms im Irak, in Jordanien, im Libanon und anderswo mehrere Online-Kampagnen zur Bekämpfung von Diskriminierung und zur Förderung sicherer Gesundheitssysteme gestartet.
Eine weitere wichtige Initiative namens „Dialogue-60 Grants“, hat derzeit 25 aktive Projekte in 15 arabischen Ländern, die sich mit Hassrede befassen. Dialogue-60 unterstützt 44 Organisationen und 16 Einzelpersonen in Ländern wie Irak, Libanon, Marokko, Palästina, Ägypten, Saudi-Arabien, Bahrain und Jemen.
KAICIID hat auch in Erbil (Irak) und Riad (Saudi-Arabien) Jugendliche in der Nutzung sozialer Medien für Dialog geschult.
Im vergangenen Jahr versammelte das Zentrum fast 200 religiöse Führerinnen und Führer, politische Entscheidungsträgerinnen und -träger, Menschenrechtsvertreterinnen und -vertreter sowie Journalistinnen und Journalisten in Wien, um Möglichkeiten zur Bekämpfung von Online- und Offline-Hassrede zu erörtern. Die internationale Konferenz „Die Macht der Worte: Die Rolle von Religion, Medien und Politik im Kampf gegen Hassrede“ beschäftigte sich mit der Bedeutung des interreligiösen Dialogs sowie mit den Herausforderungen, die Hassrede in sozialen Medien, einschließlich so genannter "Fake News", mit sich bringen.
Die Bemühungen der Fellows in Afrika
Während Hassrede über soziale Medien eine große Zahl von Menschen erreichen kann, können dieselben Plattformen manchmal auch genutzt werden, um Uneinigkeit und Falschinformation entgegenzuwirken. In der Zentralafrikanischen Republik hat eine Initiative von KAICIID Fellow 2020 Stephanie Victoire Gangale Monka interreligiösen Dialog unter Frauen und Mädchen gefördert, um Fälle von Hassrede zwischen muslimischen, protestantischen und katholischen Gemeinden aufzuarbeiten.
Das Land ist seit 2013 Schauplatz religiöser und kommunaler Kämpfe in einem langanhaltenden Bürgerkrieg. Tausende Menschen wurden getötet und Hunderttausende vertrieben in einem Land mit 4,6 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern. Trotz der Unterzeichnung von Friedensabkommen zwischen der Regierung und bewaffneten Gruppen im Jahr 2019 wird das Land immer noch weitgehend von bewaffneten Gruppen kontrolliert.
Monkas zweitägiger Schulungsworkshop befasste sich mit interreligiösen und interkommunalen Konflikten, indem 25 Frauen als zukünftige Führungspersönlichkeiten ausgewählt wurden. Die Frauen wurden von einem interreligiösen Komitee ernannt, dem ein Imam, ein Pastor und ein Priester angehörten. Die Frauen nahmen auch an wöchentlichen und monatlichen Schulungen zu interreligiösem Dialog und sozialem Zusammenhalt teil.
Monka, die als Projektbetreuerin bei der NGO Action for Population and Sustainable Developments arbeitet, meinte, den Teilnehmerinnen sei geraten worden, versöhnliche Worte zu wählen.
„Vermeiden wir Worte wie: Rassentrennung, Vetternwirtschaft oder Stammesdenken, das nicht zu meiner Gemeinschaft oder meiner Religion gehört. Das waren die Verhaltenskodizes und die Regeln, die bei diesen kurz- und langfristigen Schulungen zu befolgen sind.“
Auch in Nigeria hat KAICIID dazu beigetragen, Hassrede zu bekämpfen. Laut Stephen Ojapah, katholischer Priester der Missionsgesellschaft St. Paul von Nigeria, ehemaliger KAICIID Fellow und Mitglied des von KAICIID unterstützten Interreligiösen Dialogforums für Frieden (IDFP), wurden die sozialen Medien vor den Wahlen im Jahr 2019 mit hasserfüllten Botschaften überschwemmt. Dies gelte insbesondere „im Norden, wo Fragen dieser Art leicht zu religiösen Krisen werden können, insbesondere wenn die Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten verschiedenen religiösen Gruppen angehören“.
Ojapah arbeitete mit einem lokalen muslimischen Führer und Kollegen aus dem KAICIID Fellows Programm, Ameer Muhammad Jameel Muhammad, dem Leiter des Saifuddeen Model Islamic Science College im Bundesstaat Niger und Co-Vorsitzenden des Zentralen Koordinierungsrats des IDFP, zusammen. Gemeinsam entwickelten sie ein Projekt, das Hassrede durch öffentliche Auftritte mit religiösen und lokalen Persönlichkeiten im ganzen Land entgegenwirkt. Diese Menschen beteiligten sich an einem landesweiten Gespräch über Themen wie Hassrede, Kinderrechte sowie die Rolle von Religion und Geschlecht.
Das Projekt lief von Dezember 2018 bis Juni 2019 im Fernsehen und Radio und wurde innerhalb von drei Monaten von über zwanzig Millionen Menschen in Nigeria gesehen.
„Als die Wahlen näher rückten, heizten die Politikerinnen und Politiker ihre Rhetorik gegeneinander an“, so Ojapah. „Es war für uns gut während dieser Zeit einen christlichen und einen muslimischen Kleriker als Moderatoren zu haben. Der Einsatz von zwei religiösen Führern war eine wichtige Botschaft, die von der muslimischen und der christlichen Gemeinschaft gut aufgenommen wurde.“
„Die meisten muslimischen Menschen in Nordnigeria sehen es als ein Tabu oder ein Problem, sollte jemand mit christlichem Glauben einer Muslimin oder einem Muslim in der Öffentlichkeit die Hand schütteln“, fuhr Ojapah fort. „Ein Muslim betritt kaum eine Kirche, Christen betreten kaum eine Moschee. Ich gestehe, dass ich zum ersten Mal eine Moschee besucht habe. Mittlerweile sehe ich viele muslimische Gruppen, die am Ostersonntag und an Weihnachten Kirchen besuchen. Für mich war das eine große Wirkung. Ich möchte das wirklich auf die Arbeit zurückführen, die wir mit diesen Veranstaltungen geleistet haben.“
Ojapah meinte, das lokale Netzwerk von KAICIID habe sich als unschätzbar wertvoll erwiesen.
„Eines der Dinge, mit denen das Zentrum gesegnet ist, ist die Konnektivität. KAICIID hat eine Plattform, die jede Person nutzen kann. Ich kann über diese Plattform mit allen Menschen in Nigeria in Verbindung treten. Das ist der wichtigste Aspekt der Zusammenarbeit mit KAICIID. Es gibt Ihnen Zugang zu allen Menschen, die Sie bei jedem Programm, das Sie durchführen wollen, dabeihaben möchten.“