Interreligiöse G20-Empfehlungen der afrikanischen Region fordern Maßnahmen gegen Hunger, Schulden und Klimawandel

15 September 2020

Religiöse Führerinnen und Führer, Vertreterinnen und Vertreter panafrikanischer Glaubensgruppen und zwischenstaatlicher Organisationen, hochrangige politische Entscheidungsträgerinnen und -träger sowie Fachleute aus Wissenschaft und Forschung trafen einander virtuell, um im Vorfeld des interreligiösen G20-Forums regionale Empfehlungen für Afrika vorzustellen.

Das Interreligiöse G20-Forum findet vom 13. bis 17. Oktober in Riad, Saudi-Arabien, statt. Die Registrierung ist ab nun möglich.

Bei dem virtuellen Treffen wurden die Ergebnisse von vier Arbeitsgruppen vorgestellt, die sich mit den Fragen befassten, wie Hunger gelindert, die Umwelt geschützt und die Schuldenlast verringert werden können. Eine weitere Arbeitsgruppe gab Empfehlungen zur Förderung von Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit in Folge der COVID-19-Pandemie ab.

In Afrika gab es knapp 1,4 Millionen bestätigte Infektionen mit dem Coronavirus und 32.626 Todesfälle. Das sind fünf Prozent aller Infektionen weltweit und drei Prozent der Toten.

Professorin Katherine Marshall, Geschäftsführerin des „Entwicklungsdialogs der Weltreligionen“ und Mitglied des Beirats des Interreligiösen G20-Forums, betonte die Bedeutung der Konsultationen des Interreligiösen G20-Forums. Diese tragen dazu bei, Empfehlungen an die Staats- und Regierungsoberhäupter der Welt zu formulieren, die am bevorstehenden G20-Gipfel im November in Riad teilnehmen werden.

„Die Staats- und Regierungsoberhäupter der G20 haben im Laufe der Jahre immer wieder betont, dass Afrika im Mittelpunkt der Gespräche stehen muss“, so Marshall. „Es gibt zahllose Anstrengungen, um die vielen Herausforderungen anzugehen, mit denen Afrika konfrontiert ist und die für den G20-Prozess relevant sind. Darunter sind sehr konkrete Sorgen über die wirtschaftliche und soziale Krise sowie die Gesundheitskrise, die große finanzielle Anstrengungen erfordern. Die G20-Oberhäupter stehen eindeutig im Zentrum dieser finanziellen Anstrengungen. Dazu gehören Maßnahmen gegen die Verschuldung, aber auch die umfassende Neuformulierung bestehender Finanzierungsvereinbarungen und neue Finanzierungen, um Ländern und Gemeinschaften bei der Bewältigung der Krisen zu helfen.“

Die Konsultationen - die bereits zu Empfehlungen aus Asien und der arabischen Region geführt haben - werden von KAICIID unterstützt. Die wichtigsten Partnerorganisationen sind die G20 Interfaith Forum Association, die Allianz der Zivilisationen der Vereinten Nationen und das Nationale Komitee für interreligiösen und interkulturellen Dialog Saudi-Arabiens.

Ernährungssicherheit ist ein langfristiges Thema

Die Arbeitsgruppe zur Bekämpfung des Hungers fordert die G20 nachdrücklich auf, die nationalen Regierungen zu ermutigen, interreligiöse Bildung als wichtige langfristige Strategie zur Bekämpfung von Konflikten, die Armut und Hunger erzeugen, hervorzuheben. Sie empfahl auch, dass religiöse Organisationen in der Lage sein sollten, mit Regierungsinstitutionen beim Aufbau von landwirtschaftlichen Zentren zusammenzuarbeiten, um Maßnahmen zur Ernährungssicherheit umzusetzen.

„Hunger ist ein akutes Thema, Ernährungssicherheit ist ein langfristiges Thema“, so Dr. Renier Koegelenberg, Vorstandsmitglied des Cape Development and Dialogue Centre Trust in Südafrika.

Koegelenberg meint, dass die Regierungen das Vertrauen von Glaubenspersönlichkeiten in Gemeinschaften nutzen sollten, die dazu beitragen könnten, Hunger zu lindern. „Der erste Punkt ist, sich auf die Notwendigkeit sinnvoller strukturierter Partnerschaften zwischen Glaubensorganisationen, Glaubensgemeinschaften und Regierungen zu konzentrieren.“

Religiöse Führungspersönlichkeiten brauchen zusätzliches Training für Umweltschutz

Eine Arbeitsgruppe zum Thema Umwelt konzentrierte ihre Diskussionen auf den Klimawandel. Afrika ist reich an natürlichen Ressourcen, darunter Ackerland, Wasser, Öl, Erdgas und Mineralien. Der Kontinent beherbergt 30 Prozent der weltweiten Mineralreserven, 40 Prozent der weltweiten Goldreserven und bis zu 90 Prozent der Chrom- und Platinvorkommen.

Zu den Empfehlungen gehören die Förderung der Teilnahme afrikanischer Glaubensorganisationen am internationalen Dialog über Umweltfragen. Sowie die Einrichtung eines Fonds, der es religiösen Gruppen ermöglichen könnte, Führerinnen und Führer und ihre Gemeinden im Bereich Umweltschutz und Klimawandel zu sensibilisieren. Die Arbeitsgruppe forderte darüber hinaus die Einrichtung eines Regional African Hub of the Green Climate Fund. Mit diesem „Klimazentrum“ sollen Verpflichtungen afrikanischer Staaten, den Klimawandel zu bekämpfen, kontrolliert werden.

„Glaubensbasierte Organisationen haben eine zentrale Rolle inne, wenn sie helfen, die vielen Probleme des Kontinents zu bewältigen“, so Dr. Auwal Farouk Abdussalam, stellvertretender Direktor für akademische Planung an der Kaduna State University, Nigeria.  „Die G20 sollten bei der Einrichtung eines Fonds helfen, der es kirchlichen Organisationen ermöglicht, auf Geld zuzugreifen, um religiöse Führerinnen und Führer in Umweltfragen zu schulen, damit sie diese an ihre Gemeinden weitergeben können. Dies würde dazu beitragen, auf dem ganzen Kontinent ein Bewusstsein für Umweltfragen zu schaffen.“

Glaubensgemeinschaften können Einkommensungleichheit bekämpfen

Während des virtuellen Treffens skizzierten die Mitglieder der Arbeitsgruppe Wege, wie Ländern in Afrika geholfen werden kann, zu nachhaltigen Volkswirtschaften zu werden. Dazu gehören die Förderung von Fachwissen und Entwicklung sowie die Zusammenarbeit mit Glaubensgemeinschaften zum Aufbau einer globalen Wirtschaft, die auf Solidaritätsprinzipien beruht, um Einkommensungleichheiten zu bekämpfen.

Bei der Diskussion darüber, wie die afrikanischen Institutionen nach der Pandemie gestärkt werden können, betonten die Fachleute, wie wichtig es sei, den Zugang zu Beschäftigung, Gesundheitsversorgung und Nahrung zu verbessern, um gefährdeten Bevölkerungsgruppen bei der Überwindung der sozialen und wirtschaftlichen Probleme im Zusammenhang mit COVID-19 zu helfen.

Religiöse Gemeinschaften reagieren auf COVID-19

Die Arbeitsgruppe COVID-19 gab Empfehlungen ab, in denen Regierungen und internationale Organisationen aufgefordert werden, effektivere Wege zu finden, um mit ökumenischen Beiräten, Glaubenspersönlichkeiten und anderen Organisationen bei der Entwicklung und Umsetzung von Richtlinien bezüglich COVID-19 zusammenzuarbeiten. In einer weiteren Empfehlung wurde die Notwendigkeit betont, dass Politikerinnen und Politiker die Anforderungen verschiedener religiöser Traditionen in Bezug auf den Gottesdienst während der Krise verstehen müssen.

„Abgesehen von der Verwaltung und dem Zugang zu Menschen können Religionsgemeinschaften bei vielen weiteren Dingen helfen“, meint Adesina Olukanni, Senior Fellow am Internationalen Zentrum für Rechts- und Religionsforschung. „Es ist notwendig religiöse Persönlichkeiten in das Management der Coronaviruskrise einzubeziehen. Die Regierungen sollten mit den religiösen Führerinnen und Führern zusammenarbeiten.“

Laut Professor Dr. Cole W. Durham, Präsident der G20 Interfaith Association, spielen interreligiöse Organisationen beim kommenden G20-Gipfel eine führende Rolle.

„Lösungen für die Herausforderungen in Afrika zu finden, muss eines der höchsten Ziele der G20-Oberhäupter sein. Insgesamt kann der G20-Gipfel nicht als Erfolg angesehen werden, wenn es ihm nicht gelingt, die afrikanischen Herausforderungen in signifikanter Weise anzugehen. Bei der Arbeit für diese regionale Konsultation war uns bewusst, wie viel in der Region passiert. Unsere große Hoffnung ist es, die Arbeit, die bereits im Gange ist, zu unterstützen.“

„Sinnvolle Lösungen können nicht erreicht werden, ohne die Kraft, die Synergien und das Vertrauen zu mobilisieren, die durch die Koordinierung mit den Religionsgemeinschaften erreicht werden können, die auf dem afrikanischen Kontinent eine so wichtige Rolle spielen.“