Das Interreligiöse G20-Forum bringt einige der einflussreichsten religiösen Führerinnen und Führer, Politikerinnen und Politiker sowie Meinungsbildnerinnen und Meinungsbildner zusammen. Sie arbeiten an Lösungen für herausfordernde globale Probleme im Bereich nachhaltiger Entwicklung und humanitärer Hilfe. Dafür braucht es integrative Formen der Zusammenarbeit, die unterschiedliche Perspektiven erlauben.
Im Rahmen der interreligiösen europäischen Konsultationen der G20 befasst sich Seine Eminenz Großmufti Nedzad Grabus mit der Frage, wie Religionsgemeinschaften politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern helfen können, Brücken der Verständigung zu bauen, Vorurteile zu überwinden und den Pluralismus innerhalb ihrer Gemeinschaften zu fördern, um starke Partnerschaften auf der Grundlage gemeinsamer Werte aufzubauen.
Grabus ist Co-Präsident von Religions for Peace, Vizepräsident des Europäischen Rates der Religionsführer und Präsident der Islamischen Gemeinschaft Meshihat. Er fungiert darüber hinaus auch als Co-Vorsitzender des von KAICIID unterstützten Muslim-Jewish Leadership Council. Dieser Rat verteidigt mit Kampagnen die Rechte religiöser Minderheiten auf dem ganzen Kontinent und setzt sich für die im europäischen Recht verankerte Religionsfreiheit ein.
Für uns religiöse Menschen ist es wichtig, Verbindungen zu Politikerinnen und Politikern zu haben. Wir haben an theologischen Institutionen und auf akademischer Ebene viele Möglichkeiten, unsere Ideen auszutauschen. Aber wie gewinnen wir die Menschen, die in der Gesellschaft die Macht haben, etwas zu verändern?
In modernen westlichen Gesellschaften kann dies schwierig sein. In einer Demokratie haben wir ein klares Verständnis von Gewaltenteilung. Politikerinnen und Politiker meinen manchmal, dass religiöse Persönlichkeiten in ihren Kirchen, Moscheen oder Synagogen genug Stimme haben, um über Probleme zu sprechen. Schulen und die Geschäftswelt bilden noch einen weiteren Einflussbereich im Alltag.
Wie gut verstehen wir die Stellung der Religionsgemeinschaften in unserer Gesellschaft? Wenn wir in einer offenen Gesellschaft leben, haben wir Möglichkeiten, für unser Recht zu kämpfen, unsere Ansichten zum Ausdruck zu bringen und unser Verständnis der verschiedenen Themen darzulegen.
Ich habe positive Erfahrungen mit Menschen aus politischen Parteien gemacht, die unserem religiösen Verständnis Gehör schenken wollen. Aber natürlich ist es manchmal schwierig, Themen umzusetzen, wenn mehrere Religionen involviert sind, die unterschiedliche Ansichten zu bestimmten Themen haben.
Brücken der Verständigung bauen
Wenn wir über religiöse Führerinnen und Führer sowie über die Auslegung von Religion sprechen, müssen wir als gläubige Menschen, und wir, die wir sehr oft nur über unseren eigenen Glauben reden, berücksichtigen, dass es Menschen gibt, die Vorurteile gegenüber anderen Religionen haben. Für jeden Menschen, der über seine eigene Religion sprechen will, ist es wichtig, ehrlich zu sein, transparent zu sein, ein zuverlässiger Mensch zu sein.
Wenn wir über Bildung und gegenseitigen Respekt sprechen, wenn wir über Hassrede sprechen, wenn wir über die Gleichberechtigung der Völker sprechen, dann müssen wir das so tun, dass alle Menschen unsere Sichtweise auf diese Themen verstehen.
Manchmal kämpfen wir nur für unser eigenes Verständnis. Aber wenn wir von einem interreligiösen Ansatz sprechen, müssen wir uns bewusst sein, dass wir keine politische Partei sind. Wir sind Menschen des Glaubens. Wir verlassen uns oft auf die transzendentale Macht. Natürlich glauben wir an Gott. Diese Art des Verständnisses kann uns bei dem Versuch unterstützen, einen Weg zur Zusammenarbeit zwischen Menschen unterschiedlichen Glaubens zu finden.
Religiöse Menschen müssen verlässlich sein, damit Menschen, die politische Macht haben, sie ernst nehmen. Wenn wir unsere Aussagen oft ändern, wenn wir nicht wissen, was wir mit unserer Religion erreichen wollen, dann werden Politikerinnen und Politiker keinem unserer Vorschläge folgen. Sie werden nicht auf unserer Seite sein. Sie werden unseren Willen und unsere Wünsche, etwas in unserer Gesellschaft besser zu machen, nicht verstehen.
Den Originalartikel in voller Länge finden Sie in englischer Sprache auf dem IF20 Viewpoints Blog.