Im Dezember 2019 erhielt Amina Kazaure einen Anruf eines Teilnehmers des kürzlich abgehaltenen Trainings für Frühwarn- und Reaktionssysteme (Early Warning/Early Response - EWER) in Kasuwan Magani, einem Brennpunkt für religiöse Krisen im Bundesstaat Kaduna, Nigeria.
Kazaure berichtet: „‘Gott sei Dank für das Training‘, sagte der Teilnehmer zu mir. Es gab Krisenherde in der Stadt und es war viel Lärm, aber wir konnten diese sofort als Frühwarnsignale erkennen. Wir beriefen eine Sitzung ein und legten eine Vorgehensweise fest. Auf Grundlage dessen, was wir während des Trainings gelernt haben, konnten wir potenzielle Konflikte stoppen, und das Leben ging normal weiter.“
Kazaure ist Teil eines KAICIID-EWER-Teams in Nigeria, sie beobachtet Verhaltensänderungen in den Gemeinden, die als Indikatoren für potenzielle Konfliktsituationen dienen. Die Teams umfassen derzeit fünf Bundesstaaten, darunter Benue, Kaduna, Plateau, Taraba und Zamfara.
EWER-Systeme, die sich auf eine große Anzahl von Akteuren auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene stützen, sind am effektivsten, wenn sie gut koordinierte Bemühungen zwischen Freiwilligen aus der Gemeinde, zivilgesellschaftlichen Organisationen, religiösen Institutionen, nationalen Regierungen und globalen Vertretungen umfassen.
Obwohl die EWER-Systeme in Nigeria nicht neu sind, hat sich KAICIID dafür eingesetzt, dass religiöse Führer im Zentrum dieser Bemühungen stehen, zumal ein Großteil des aktuellen Konflikts im Land entlang religiöser und ethnischer Konfliktlinien verläuft.
(KAICIID EWER Mitglieder von links nach rechts: Peter Agogo, Amina Kazaure, Elder Leah Solomon, Ingenieur Sanusi Muhammad Usman und Pater Zaka Ahuche)
Pfarrer Zaka Ahuche, der mit dem EWER-Team im Bundesstaat Plateau zusammenarbeitet, sagte, dass die Identifizierung dieser Spannungen der Schlüssel zur Vermeidung von Vergeltungsangriffen sei. „EWER ist immer dann üblich, wenn es irgendeine Form der Tötung von Menschen oder Rindern oder sogar die Zerstörung von Ackerland durch das Vieh gibt. Dies wird normalerweise vernachlässigt, bis es einen Vergeltungsangriff gibt, der in der Regel schlimmer ist als der religiöse Angriff.“
Ahuche führt aus, dass EWER der Schlüssel dafür ist, damit Warnzeichen von Gewalt nicht unbemerkt bleiben und dass die Behörden sofort und einheitlich reagieren. „Immer wenn es einen Angriff von irgendeiner Seite gibt, insbesondere wenn er religiöse Konnotationen hat, sollen die Sicherheitsbeamten zu einem Treffen verschiedener religiöser Führer und Interessenvertreter in anderen Teilen der Region aufrufen.“
Dies hat besonders gut im Bundesstaat Benue funktioniert, wo religiöse Führer ein Netzwerk für den Informationsaustausch, die Analyse und die Konfliktlösung geschaffen haben. Für diese und viele andere Akteure ist es von entscheidender Bedeutung, die Ursachen der Gewalt zu verstehen, wie etwa den Zusammenbruch politischer, wirtschaftlicher oder sicherheitspolitischer Strukturen.
Als Teil des EWER-Ausschusses des Benue-Staates meint Peter Agogo, dass das System „unsere Sichtweise erweitert hat, weil wir nie zuvor die Gelegenheit zu einer Frühwarnung oder frühzeitigen Reaktion hatten. Seit der Schulung ist das Bewusstsein für das System gestiegen. Wir erkennen jetzt, wenn die Spannungen innerhalb der muslimischen oder christlichen Gemeinschaften zunehmen. Wenn wir einen potenziellen Konflikt spüren, können wir ihn stoppen, bevor er ausbricht“.
Agogo fügt hinzu, dass die Methode des Systems zur Erfassung und Analyse von Daten über das Situationsbewusstsein in Bezug auf die Spannungen zwischen den Gemeinschaften gewährleistet, dass die Gemeinschaften sicher bleiben. Dazu gehören „Informationen über Hassrede, Diebstahl innerhalb der Gemeinden, Korruption der Sicherheitskräfte, sexuelle Gewalt, Zerstörung von Eigentum oder zwischenmenschliche Konflikte“.
Ausgestattet mit einem evidenzbasierten Situationsbewusstsein können religiöse Führer und Akteure dann Warnungen an Entscheidungsträger und andere relevante Akteure herausgeben, die den Ernst der Bedrohung aufzeigen und Handlungsempfehlungen geben.
Wenn die EWER-Systeme effektiv arbeiten, unterstützen sie die Konfliktverhütung und Friedenskonsolidierung und helfen, bestehende Sicherheitsstrukturen zu unterstützen. Am wichtigsten ist jedoch, so Ahuche, dass klare Maßnahmen zur Verhinderung von Gewalt ergriffen werden.
„Frühwarnung ist nutzlos ohne eine frühzeitige Reaktion, denn das Wesen der Frühwarnung ist die frühzeitige Reaktion zur Abwendung von Gefahr, wie z.B. den Verlust von Menschenleben und Eigentum. Die Reaktion sollten Handlungen sein, um die Auswirkungen zu stoppen, zu kontrollieren oder zu verringern, wenn sie nicht vermieden werden können; und könnte in Form von Treffen mit Interessenvertretern oder Geschädigten erfolgen. Die Reaktion könnte auch in Form von Verhaftungen, Bewusstseinsbildung, Warnsignalen, Alarmierung der Öffentlichkeit usw. erfolgen, je nach Art der gemeldeten Situation“, erklärte Ahuche.
Sowohl Ahuche als auch Kazaure sind sich einig, dass mehr EWER-Systeme an der Basis benötigt werden, sowie weitere Schulungen, die den Teams helfen, sich zu koordinieren und effizient miteinander zu kommunizieren.
„Solange wir rechtzeitig Informationen erhalten und diese schnell weitergeben können, wird das eine Krise abwenden“, meint Kazaure. „Das ist die Grundlage für Frühwarnung und frühzeitige Reaktion. Rechtzeitiges Erhalten von Informationen, Weiterleitung und Handeln.“